Handgepäck im Flugzeug:Laptop-Verbot auf USA-Flügen zeichnet sich ab

FILE PHOTO: A man uses his laptop to test a new high speed inflight Internet service named Fli-Fi while on a special JetBlue media flight out of John F. Kennedy International Airport in New York, file

Arbeiten dürfte auf USA-Flügen künftig schwieriger werden.

(Foto: Lucas Jackson/Reuters)
  • Die USA wollen laut EU-Kommissionskreisen das geplante Laptop-Verbot auch auf einige europäische Flughäfen ausweiten.
  • Manche rechnen damit, dass es schon am Donnerstag verkündet wird, andere glauben, das dauere noch Wochen.
  • Fest steht: Für viele Geschäftsreisende, die ihre Laptops immer bei sich tragen müssen, wäre das Verbot wohl ein Desaster.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Als die amerikanischen Sicherheitsbehörden im März verkündeten, sie würden künftig Laptops, Tablet-Computer und Kameras auf Flügen von zehn Flughäfen im Nahen Osten in die USA in den Frachtraum verbannen, war die Aufregung groß. Die betroffenen Fluggesellschaften und Flughäfen versuchten verzweifelt, mit der Situation klarzukommen, müssen seither aber zum Teil massive Buchungsrückgänge beklagen. Europäische Anbieter waren mehr als erleichtert, dass dieser "E-Ban" für sie nicht galt. Und sie profitierten sogar davon, weil mancher Reisende nun Lufthansa flog statt Emirates.

Nun aber sieht es so aus, als hätten sie sich zu früh gefreut. Nach Informationen aus Kreisen der Europäischen Kommission plant das US Department of Homeland Security, die neuen Regeln auch auf viele europäische Flughäfen auszuweiten. An diesem Donnerstag tagt das Flugsicherheitskommittee der Europäischen Union (EU AVSEC), um sich mit der Situation zu befassen.

Doch noch tappen die meisten Betroffenen im Dunkeln: Manche rechnen damit, dass der E-Ban für Europa schon am Donnerstag verkündet wird und in den nächsten Tagen in Kraft treten könnte, manche glauben, es werde noch einige Wochen dauern. Nur wenige hoffen, dass sich die Amerikaner noch einmal umstimmen lassen. Auch weiß derzeit niemand, ob der E-Ban die gleichen elektronischen Geräte umfassen wird wie die Regelungen, die für den Nahen Osten gelten. Und schließlich müssten auch bezüglich der praktischen Umsetzung noch viele Fragen geklärt werden.

100 000 Passagiere pro Woche fliegen von Deutschland in die USA

Offiziell weiß noch niemand, für welche Flughäfen der E-Ban gelten würde. Doch Branchenvertreter rechnen damit, dass zumindest alle großen Drehkreuze wie London-Heathrow, Frankfurt, München, Paris oder Amsterdam betroffen sein werden, voraussichtlich aber alle Flughäfen mit Flügen in die USA. "Wir bereiten uns auf den Fall vor und hoffen, dass er nicht eintritt", sagt Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV. "Wir vertrauen auf die bestehenden Kontrollen, können aber nicht ausschließen, dass es neuere Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden gibt."

Die Lufthansa betont, es lägen derzeit keine neuen Anweisungen der US-Behörden vor, und auch keine "gesicherten Hinweise" auf Änderungen. Gleichwohl habe man intern "bereits verschiedene Szenarien für den Fall einer potenziellen Ausweitung des Verbots durchdacht".

Tatsächlich befürchten Vertreter von Flughäfen und Fluggesellschaften aber das Schlimmste: Jede Woche fliegen alleine von Deutschland aus etwa 100 000 Passsagiere in die USA, es gibt rund 500 Flüge. Die zusätzlichen Sicherheitskontrollen könnten zu massiven Verspätungen führen. Denn den Passagieren müssten vermutlich alle elektronischen Geräte, die größer als ein Mobiltelefon sind, spätestens beim Einsteigen abgenommen werden. Wie das konkret ablaufen soll, darüber beraten in diesen Tagen die Mitglieder diverser Krisenstäbe.

Mehrere Beteiligte sagen, dass ein E-Ban zu einer massiven Beeinträchtigung der Reisequalität führen würde. Auch bei guter Organisation ließe sich das nicht vermeiden. Die Passagiere müssten bei USA-Flügen noch viel früher am Flughafen erscheinen. Die Fluggesellschaften und die Airports wollen, sollte der E-Ban in Kraft treten, groß angelegte Informationskampagnen für Passagiere starten.

Mitarbeiter von Banken müssen Laptops immer bei sich tragen

Dennoch dürfte den europäischen Fluggesellschaften Ähnliches blühen wie ihren Kollegen im Nahen Osten: ein deutlicher Rückgang der Nachfrage auf den eigentlich lukrativen Transatlantikflügen. Denn Mitarbeiter von Banken und Technologiefirmen, die einen wesentlichen Teil der gut zahlenden Geschäftsreisenden ausmachen, müssen Laptops immer bei sich tragen, weil ihre Arbeitgeber befürchten, dass dienstliche Geheimnisse an die falschen Adressaten geraten könnten. Und diejenigen, die trotzdem fliegen dürfen, werden sich das künftig zweimal überlegen: Während sie bislang auch im Flugzeug arbeiten können, wären sie - sollte es einen E-Ban geben - stunden- oder gar einen ganzen Tag lang zur Untätigkeit gezwungen.

Zumindest könnten die Europäer von den Erfahrungen der Fluggesellschaften im Nahen Osten lernen: Emirates, Etihad und Qatar Airways verteilen an Reisende der First und Business Class beim Einsteigen kostenlos Tablet-Computer, auf denen diese während des Fluges arbeiten können. Dokumente können sie auf USB-Sticks abspeichern und sie so auch mitnehmen. Dennoch sind die Folgen auf die Nachfrage gravierend: Emirates hatte zuletzt ihr Angebot in die USA um rund 20 Prozent reduziert und dies unter anderem mit den Folgen des E-Bans begründet.

Die USA hatten die Verbote für die zehn Flughäfen im Nahen Osten mit geheimdienstlichen Erkenntnissen erklärt, die auf mögliche Anschläge hindeuteten, für die elektronische Geräte verwendet werden könnten. Hinter vorgehaltener Hand kritisierten viele die Entscheidung, weil sie die Sicherheit nicht verbessere, sondern nur Komplikationen verursache.

Die Fluggesellschaften argumentieren intern sogar, der E-Ban verschlechtere die Flugsicherheit. Denn nun seien sie gezwungen, Hunderte von Laptops im Frachtraum zu verstauen. Dort seien die Geräte aber während des Fluges nicht zugänglich, sollten Akkus zu brennen anfangen. Schon vor einiger Zeit hatten diverse Vorfälle, bei denen Lithium-Ionen-Akkus unterwegs Feuer fingen, die Luftfahrtbranche alarmiert. Solche Akkus sind in vielen Laptops, Tablets und Mobiltelefonen verbaut. Werden die Geräte in der Flugzeugkabine befördert, haben Passagiere und Besatzung immerhin die Möglichkeit, ein Feuer schnell zu entdecken und zu bekämpfen. Gerade bei Transatlantikflügen, bei denen der nächste Ausweichflughafen leicht zwei Stunden entfernt sein kann, stellen Brände im Frachtraum eine Gefahr dar, die Fluggesellschaften so gering wie möglich halten wollen.

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