Handel:Jetzt zahlen die Mitarbeiter

Kaufhof - altes Logo

Sanierungsbedürftig ist nicht nur das Dach des Parkhauses dieser Kaufhof-Filiale in Köln.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Die Verhandlungen zwischen Karstadt und Kaufhof sind gescheitert - auch deshalb, weil die Chemie zwischen den Eigentümern nicht stimmt. Auf die Beschäftigten kommen harte Zeiten zu.

Von Michael Kläsgen

Übernahmegespräche können scheitern, das ist nichts Ungewöhnliches. Aber selten kracht es so wie zwischen Karstadt und Kaufhof. Das hat nach Auskunft Eingeweihter viel mit der Abneigung der beiden Hauptakteure füreinander zu tun. Zu behaupten, dass sich Richard Baker, Chairman der kanadischen Kaufhof-Mutter HBC, und René Benko, der österreichische Karstadt-Eigner und Signa-Chef, nicht mögen, wäre stark untertrieben. Zwischen ihnen klaffen Welten: dort der entrückte New Yorker Geldadel, für den das Europa-Geschäft ein nettes Spielzeug ist und der in Sitzungen auch mal sein Schoßhündchen krault; hier der junge, hungrige Selfmade-Man aus Tirol, ein Aufsteiger aus der irgendwie anrüchigen Immobilienbranche, der mehr will, als er hat, vor allem die deutsche Warenhaus AG, bestehend aus Karstadt und Kaufhof.

Benko und seine Anwälte verhandelten am Dienstag mit Baker in New York. Benko drängte zum wiederholten Male auf Einsicht in die Bücher, wie es bei solchen Due-Diligence-Prüfungen üblich ist. Ohne sie sah er sich außer Stande, das Angebot in Höhe von drei Milliarden Euro aufrecht zu erhalten. Doch Baker mauerte. Benko schickte deshalb am Morgen darauf einen Brief an Baker, in dem er sein Kaufangebot zurückzog. Dabei hätte es sein Bewenden haben können.

Aber HBC dreht jetzt erst medial auf und verkündete, das Angebot in Bausch und Bogen abzulehnen, ohne Benkos Rückzug zu erwähnen. Es sei unvollständig und nicht ausreichend finanziert. Benko wolle nur Informationen über Kaufhof erschleichen.

Ist es nun also vorbei mit der Warenhaus AG? Kurzfristig ja, auch aus Signa-Sicht; mittelfristig, sagen Experten, führe daran kein Weg vorbei. Es gebe in Zeiten des steigenden Onlinehandels keinen Platz für zwei große Warenhäuser in Deutschland, sagt Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE. Muss das automatisch zu einem Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen führen? Norbert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund meint ja. Gerd Hessert, Handelsexperte von der Universität Leipzig hingegen sagt nein. Laufende Mietverträge, starke Betriebsräte und teure Sozialpläne verhinderten massenweise Schließungen in kurzer Zeit.

Vor dem Hintergrund ist interessant, wie HBC die Abfuhr für Benko begründet und was Kaufhof derweil macht. Beides passt nicht zusammen. "Das Angebot liegt deutlich unter dem Wert unseres Deutschlandgeschäfts und dem damit verbundenen Immobilienportfolio", sagte David Leith, Mitglied im HBC-Aufsichtsgremium. Baker meinte, sie stellten einen "beträchtlichen Wert" für die HBC-Aktionäre dar. Demnach müsste Kaufhof weit mehr als drei Milliarden Euro wert sein.

Der neue Chef droht mit Filialschließungen, falls die Löhne nicht gekappt werden

Tatsächlich aber drängt das Kaufhof-Management seit Monaten Verdi dazu, einen Sanierungstarifvertrag abzuschließen. Es will Zugeständnisse von der Gewerkschaft beim Lohn, Urlaubs- und Weihnachtsgeld für etwa 21 000 Mitarbeiter. Voraussetzung dafür wäre aber, dass Kaufhof erstens kurz vor der Pleite steht und zweitens sanierungsfähig ist. Zumindest ist richtig, dass Kaufhof Verluste macht. Sie lagen nach SZ-Informationen bei 120 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr zum 31. Januar. Das Kaufhof-Management hat von HBC sogar gefordert, die Verluste monatlich und nicht wie üblich einmal im Jahr zu übernehmen. Doch auch die kanadische Mutter verbrennt täglich Geld. Die Lage ist also brisant. Aber so kommunizierte Kaufhof das bisher nicht.

Das scheint sich jetzt zu ändern. Erstmals kündigte der neue Kaufhof-Chef Roland Neuwald an, in der Hauptverwaltung 400 von 1600 Arbeitsplätzen zu streichen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Warenhauskette ohne große Ankündigung bereits knapp 1300 Stellen in den Filialen gekappt. Weitere könnten hinzukommen, drohte Neuwald jetzt, wenn Verdi Kaufhof nicht endlich aus dem Tarifvertrag entlässt. Noch aber sind darüber nicht einmal Verhandlungen aufgenommen worden. Dabei hatte Kaufhof im Herbst 2017 angekündigt, sie noch bis Ende des Jahres abschließen zu wollen.

Wie Kaufhof unter diesen Umständen bald die Trendwende schaffen soll, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass es weiter bergab geht. Benko kann derweil warten und sich auf Karstadt konzentrieren. Den Traum von der Warenhaus AG hat er nicht aufgegeben. Es könnte aber sein, dass Baker lieber an einen Finanzinvestor verkauft als an ihn - mit den dann wirklich bitteren Folgen für Mitarbeiter und Filialen.

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