Handel:"Fass ohne Boden"

Zielpunkt Stores As Austrian Retailer Files For Insolvency

Ein Kunde verlässt ein Geschäft von Zielpunkt. Der österreichische Händler ist pleite. Am Dienstag meldete auch ein Fleischlieferant Insolvenz an.

(Foto: Lisi Niesner/Bloomberg)

Die seltsamen Immobiliengeschäfte des Zielpunkt-Eigentümers Pfeiffer: Der österreichische Händler ist pleite.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Sogar der Bundeskanzler hat sich am Dienstag geäußert: Der Staat könne zwar keine Handelskette übernehmen, aber man schöpfe "jetzt alle Möglichkeiten aus, um den Betroffenen zu helfen". Das ist auch dringend nötig. 2700 von der Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter, ausstehende Novembergehälter und, mit Verweis auf die Anfang der Woche angemeldete Insolvenz, natürlich kein Dezembergehalt mehr, geschweige denn ein Weihnachtsgeld. 214 Millionen Euro Schulden, 500 düpierte Gläubiger. Die Lebensmittelkette "Zielpunkt" ist pleite, und die Zahlen sind an sich schon schlimm genug, aber der Konkurs zieht noch weitere Firmen mit in den Untergang: Am Dienstag ging auch die Fleischfirma Schirnhofer, die Zielpunkt belieferte, mit ihren knapp 500 Mitarbeitern in die Insolvenz.

So viele Arbeitslose auf einen Schlag, und das noch kurz vor Weihnachten - das ist immer ein Unglück, zumal in der stagnierenden Wirtschaft Österreichs mit ihren mageren Wachstumsraten. Mit einer Quote von 9,2 Prozent ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie lange nicht, und vor allem die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg kräftig. Nun kommt, nach einer Reihe größerer Unternehmenspleiten, eine relativ kleine dazu: Zielpunkt selbst war nicht groß, das Unternehmen hielt nur knapp drei Prozent am Umsatz in Österreichs Lebensmittelbrache. Die Großen, Rewe (mit seinen Töchtern Billa, Merkur, Penny und Bipa), Spar und Hofer, ein Spin-Off von Aldi, dominieren den Markt.

Aber noch im Herbst hatte Eigentümer Georg Pfeiffer (Pfeiffer Handelsgruppe) betont, es gehe der Firma gut, er hatte Briefe an die Belegschaft geschickt und euphorisch von einer "Expansion" gesprochen. Gleichzeitig jedoch, und hier werden Gewerkschaft, Belegschaft und Politik sehr hellhörig, machte Pfeiffer aber erst kürzlich, als die schwierige Lage intern längst bekannt gewesen sein muss, sehr viel Geld locker, um - so steht zu vermuten - , noch mehr Geld zu verdienen.

Pfeiffer verkaufte ein Kernstück der Handelsgruppe an den Schweizer Coop-Konzern und kaufte zugleich eine Firma auf, die mutmaßlich etwa 80 der 229 Filialen des Unternehmens besitzt: die Trei Real Estate Austria. Der kolportierte Kaufpreis: 38 Millionen. Die Immobilienfirma gehörte Tengelmann, der früheren Mutter von Zielpunkt. Weiter investieren in Zielpunkt mochte Pfeiffer aber derweil nicht. Das sei, ließ er wissen, ein "Fass ohne Boden".

Pfeiffer schicke mithin die Unternehmenstochter in die Insolvenz, kommentiert die Wiener Zeitung, und kaufe davor deren Gewerbe-Immobilien, damit er an der von ihm ausgelösten Verwertung mitverdienen könne. "Verluste sozialisieren, Arbeitslosigkeit erhöhen und selbst daran verdienen- ein Fressen für Populisten", so das Blatt. Die Handelsgruppe selbst mochte sich nicht äußern; eine "Optimierung des Immobilienportfolios" nannte eine Unternehmenssprecherin den Deal, der den Konkurs der Kette in einen besonderen Hautgout hüllt. Pfeiffer sprach von einem "unglücklichen zeitlichen Zufall".

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zeigte sich im Standard empört: "Dass das emotional eine Riesensauerei ist, liegt auf der Hand. Gleichzeitig hat man in der Gruppe Geld, um Grundstücke zu kaufen. Wenn man gleichzeitig andere Teile der Firma verkauft und Geld lukriert, ist es nachvollziehbar, dass jeder Emotionen entwickelt." Das passe alles nicht zusammen. Nun prüft die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) eine Strafanzeige gegen Pfeiffer. Man vermute, da gebe es einen "Masterplan", so ein Gewerkschaftssprecher.

Der frühere Eigentümer, der Tengelmann-Konzern, hatte nach Ansicht von Branchenkennern schon vor Jahren mit einem Verwirrspiel die Axt an das Unternehmen gelegt, das seither stetig weiter in den Niedergang schlitterte: "Löwa" wurde in " Zielpunkt" umbenannt, dann in "Plus", dann erneut in "Zielpunkt". Auch spätere Eigentümer, darunter ein Finanzinvestor, hatten die Kette nicht grundlegend sanieren können. Pfeiffer wiederum, so Experten, habe nie genug Geld in die Hand genommen, damit Zielpunkt und seine knapp 3000 Angestellten eine echte Chance hatte.

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