Haftpflicht:Ohne Schutz unterwegs

Ärmere haben oft keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, zeigt eine Analyse. Das kann ein Risiko für andere sein: Denn sind die Unversicherten verantwortlich für einen Schaden, können sie ihn oft nicht begleichen.

Von Nina Nöthling, Köln

Ein Radfahrer bringt einen anderen Fahrer in voller Fahrt zu Boden - und ist möglicherweise nicht versichert. Die junge Dame, die im Café schwungvoll mit ihrer Tasche eine Kamera vom Tisch fegt und so für einen Schaden über mehrere hundert Euro sorgt, muss selbst dafür einstehen. Wenn sie denn zahlen kann. Menschen ohne private Haftpflichtversicherung sind ein Risiko für andere - und sie sind zahlreich: Rund 15 Prozent der Haushalte in Deutschland haben keine private Haftpflichtversicherung. Das hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ausrechnen lassen. Damit Geschädigte in einem solchen Fall nicht leer ausgehen, empfehlen Experten die sogenannte Forderungsausfalldeckung als Teil der eigenen Privathaftpflicht. Sie greift, wenn ein Dritter dem Kunden einen Schaden zufügt, keine Police hat und nicht zahlen kann.

Es gibt wenige Punkte, in denen Versicherer und Verbraucherschützer einer Ansicht sind. Dazu gehört die Feststellung, dass man eine private Haftpflichtversicherung braucht. Sie schützt Versicherungsnehmer vor den finanziellen Folgen, wenn sie einem Dritten Schaden zufügen. Denn laut Gesetz haftet jeder Bundesbürger mit seinem gesamten Vermögen für einen von ihm angerichteten Schaden. Gerade Personenschäden können Hunderttausende von Euro kosten, in manchen Fällen auch Millionen. Das bedroht schnell die Existenz des Verursachers. "Niemand sollte ohne eine solche Police vor die Tür gehen, " sagt Mathias Zunk vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Die Verbandsanalyse hat auch ergeben, dass ärmere Menschen öfter als andere ohne Haftpflichtversicherung leben. Die Folge: Wenn eine unversicherte Person einen Schaden verursacht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie wenig Geld hat - und den Schaden nicht selbst zahlen kann.

Bei den meisten Anbietern ist die Option Forderungsausfall in höherwertigen Tarifen enthalten. "Der Preis ist an den gesamten Tarif gebunden", sagt Versicherungsmakler Holger Schnittker aus Steinfeld bei Oldenburg. "Eine Ausfalldeckung kann nicht als Einzelbaustein dazugekauft werden, aber in den besseren Tarifen ist sie häufig eingeschlossen." Allerdings: Nicht alle Gesellschaften haben so ein Angebot. Wer sichergehen will, dass Forderungsausfall abgedeckt ist, sollte den Versicherer gezielt ansprechen, rät Verbraucherschützerin Bianca Boss vom Bund der Versicherten.

Die HUK24 arbeitet mit dem Bausteinprinzip. Der Zusatz, der auch Forderungsausfall beinhaltet, kostet 15 Euro im Jahr, dafür zahlt die Versicherung Schäden ab 250 Euro. Cosmos Direkt und Axa zahlen Schäden ab 2500 Euro, die Forderungsausfalldeckung ist schon im Basistarif enthalten. In den Vertragsbedingungen der Gothaer für die Forderungsausfalldeckung heißt es: "Für Schäden bis zur Höhe von 10 000 Euro besteht kein Versicherungsschutz."

Ärmere leben öfter ohne Haftpflichtversicherung, zeigt eine Verbandsanalyse

Makler Schnittker empfiehlt auch eine Zusatzdeckung für bestimmte Internetschäden. "Wenn ich unwissentlich einen Virus mit einer E-Mail verschicke, kann das auf dem Computer des Empfängers einigen Schaden anrichten", sagt er. Eine Reihe von Versicherern bietet die Möglichkeit, solche Schäden abzusichern. "Die Marktdurchdringung ist hier aber noch nicht sehr hoch, und die Leistungen sind sehr unterschiedlich", sagt Boss vom BdV. Deshalb sollten Kunden vor Abschluss die Bedingungen lesen, sonst drohen unangenehme Überraschungen.

Die Privathaftpflichtpolice kann den persönlichen Bedürfnissen angepasst werden, erklärt Schnittker. Wer öfter beim Nachbarn die Blumen gießt, sollte Gefälligkeitsleistungen aufnehmen, sonst zahlt die Versicherung die versehentlich heruntergestoßene Vase nicht. Eltern können die Schäden absichern, die Kinder bis sieben Jahren verursachen. Sie gelten vor dem Gesetz als deliktunfähig. Von ihnen verursachte Schäden zahlen Versicherungen in der Regel nicht. Wer dennoch geschützt sein möchte, kann eine entsprechende Vereinbarung treffen. "Wer hingegen in seiner Freizeit jagen geht oder Motorsport betreibt, braucht eine spezielle Versicherung", warnt Schnittker.

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