Güterverkehr:Leiser durchs Land

Immer mehr deutsche Güterwaggons haben Flüsterbremsen. Doch das wird nicht reichen, um das für 2016 angepeilte Ziel der Bundesregierung zu erfüllen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Sie können sehr laut sein, verstopfen aber keine Straßen und belasten die Umwelt weniger: Auf Deutschlands Schienennetz fahren etwa 180 000 Güterwagen. Geht es nach der Bundesregierung, sollen diese möglichst bald leiser werden: "Den Schienenlärm wollen wir bis 2020 deutschlandweit halbieren. Ab diesem Zeitpunkt sollen laute Güterwagen das deutsche Schienennetz nicht mehr befahren dürfen." So steht es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Doch bei der Umsetzung gibt es ein Problem: Laute ausländische Güterwagen könnten in Zukunft "zur Lärmquelle Nummer eins" werden, warnt der Verband der privaten Güterwagenhalter in Deutschland (VPI).

Die Bundesregierung, die die Umrüstung der Waggons auf lärmmindernde Bremsen bezuschusst, will bereits 2016 eine erste Bilanz ziehen. Sollte bis dahin nicht mindestens die Hälfte der Güterwagen umgerüstet sein, werden im Koalitionsvertrag Nachtfahrverbote für laute Waggons angedroht. Im Entwurf für das Schienenlärmminderungsgesetz wird sogar ein Tempolimit in der Nacht gefordert.

Nun ist der Markt allerdings dreigeteilt. Ein Drittel der Güterwagen gehören zum Deutsche-Bahn-Konzern (DB). Ein Drittel sind bei ausländischen Eisenbahnen und Wagenhaltern. Ein weiteres wird von den in Deutschland agierenden Bahn-Konkurrenten im VPI betrieben. Die DB rüstet ihre Wagen bereits fleißig um. Mehr als die Hälfte der privaten Güterwagen wird Ende 2016 ebenfalls mit Flüsterbremsen fahren, das ergab eine Umfrage bei den VPI-Mitgliedsfirmen. Bis Ende 2020 sollen sogar alle 60 000 privaten Wagen umgestellt sein. Die ausländischen Unternehmen hätten jedoch noch nichts getan, heißt es beim VPI.

"Wirklich leise wird ein Zug erst, wenn 90 Prozent der Waggons leise sind."

Das Problem dabei: Die Züge rollen gemischt mit den Waggons der verschiedenen Anbieter durchs Land. "Wirklich leise wird ein Zug aber erst, wenn 90 Prozent der Waggons leise sind", sagt der VPI-Chef Malte Lawrenz. Diese Quote könne jedoch kaum erreicht werden, wenn nicht auch die Anbieter aus dem Ausland auf die Flüsterbremsen setzten. Und damit lasse sich auch nicht die von der Bundesregierung für 2016 angepeilte Quote - die Hälfte der Güterwagen sind leise - erreichen.

Lawrenz fürchtet deshalb, dass die Bemühungen der deutschen Anbieter umsonst waren und Tempolimits und Nachtfahrverbote noch mehr Lastverkehr auf die Straße lenken. Stattdessen solle die Bundesregierung schon jetzt ankündigen, dass die Preise für die Benutzung der Schienen von 2020 an für laute und leise Züge um 30 Prozent gespreizt werden. Dann hätten alle Anbieter einen Anreiz, ihre Flotten umzurüsten. Damit müsste er jetzt nur in Berlin Gehör finden.

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