Immobilien:So könnte die Grundsteuer in Zukunft aussehen

Eine Reform der Steuer ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig. Die Neugestaltung dürfte ziemlich kompliziert werden - und teuer.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen, aber das Nachdenken über eine Reform der Grundsteuer hat schon vor Jahren begonnen. Denn wirklich überraschend kam das Verdikt aus Karlsruhe nun wirklich nicht. So wurden nach der Urteilsverkündung rasch die bekannten Modelle ins Spiel gebracht, von denen sich aber noch keines als konsensfähig erwiesen hat. Das mag auch daran liegen, dass sich die politischen Akteure nicht einig sind, was die Steuer leisten soll. Muss es eine präzise Besteuerung nach exaktem Grundstückswert sein? Oder genügt es, den Wert der Immobilien Pi mal Daumen zu erfassen, solange die Gleichbehandlung unter Nachbarn gewährleistet ist? Laut Urteil müssen nur die Relationen unter den Steuerzahlern stimmen. Und was ist mit dem Immobilienmarkt: Könnte die Reform nicht auch sozialpolitisch genutzt werden, indem sie den Bau von Wohnungen belohnt?

Modell 1

Trotz des Urteils bliebe es dem Gesetzgeber unbenommen, im Prinzip am bisherigen Modell festzuhalten, indem man die veralteten Einheitswerte durch aktuelle Verkehrswerte ersetzt. Dafür wäre ein gigantisches Update für mehr als 35 Millionen Grundstücke nötig; die Finanzverwaltung veranschlagt dafür bis zu zehn Jahre. Ein von einigen nördlichen Bundesländern vorgelegtes Konzept sieht hier zwar, wie bei solchen Massenerhebungen üblich, pauschale Berechnungen vor, indem die Verkaufspreise vergleichbarer Grundstücke nach bestimmten Kriterien wie Baujahr, Fläche und Standard aufbereitet werden. Der Aufwand wäre gleichwohl erheblich. In einer Machbarkeitsstudie war schon vor acht Jahren von Kosten in Höhe von 1,8 Milliarden Euro die Rede, hinzu kommen jährlich 220 Millionen Euro für die Aktualisierung.

Zwar könnte die Berechnung irgendwann auch einfacher werden, weil viele Daten im Grunde vorliegen: Mehr als 1000 Gutachterausschüsse ermitteln längst sogenannte "Bodenrichtwerte", in vielen Städten gibt es Mietspiegel, hinzu kommen Finanzamt, Grundbuch- und Katasterämter. Die wertvollen Informationen, die für die Besteuerung von Haus und Grund nutzbar wären, müssten also nur noch geschürft werden. Doch solche technisch komplett unterschiedlichen Datenbanken so zu vernetzen, dass es bis zum Grundsteuerbescheid nur noch ein Knopfdruck ist, wäre ebenfalls ein gewaltiges Unterfangen.

Modell 2

Deutlich schlanker kommt eine reine Bodensteuer daher. Sie knüpft entweder allein an der Grundstücksfläche an, die ohne großes Aufhebens zu ermitteln ist. Oder sie besteuert nur den Wert des Bodens und lässt das Gebäude außen vor. Auch hier hielte sich der bürokratische Aufwand in Grenzen, weil die bereits existierenden Richtwerte der Gutachterausschüsse eine gute Grundlage bilden. Höhere Steuerlasten hätten dadurch die Eigentümer von Einfamilienhäusern zu erwarten, vor allem jene in teuren Lagen. Auch Eigentümer, die ihr Grundstück brachliegen lassen, würden stärker zur Kasse gebeten. Mehrfamilienhäuser, die mit vergleichsweise wenig Grundstücksfläche auskommen, würden dagegen tendenziell entlastet. Kurzum: Bodensteuern böten zumindest einen gewissen Anreiz, kompakter zu bauen - was in Zeiten des immer knapper werdenden Wohnraums ein politisches Argument sein könnte. Auch wenn die Grundsteuer allein nicht hoch genug sein dürfte, um den Immobilienmarkt in diese oder jene Richtung zu lenken.

Modell 3

Politisch am weitesten gediehen war das sogenannte Kostenwertmodell - der Bundesrat hat dazu Ende 2016 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der aber nicht realisiert wurde. Geplant war ein kleiner Systemwechsel: Nicht mehr der Grundstückswert, sondern der Investitionsaufwand sollte Grundlage der Steuerberechnung sein. Die entscheidende Rolle spielt dabei das Baujahr. Mit dessen Hilfe wird errechnet, wie viel ein Gebäudetyp gekostet hat. Das klingt einigermaßen gerecht, weil derjenige mehr Grundsteuer zahlt, dessen Immobilie wertvoller ist. Kritiker halten dieses Modell allerdings für kontraproduktiv, weil Neubauten ungleich höher besteuert und damit wohnungsbaupolitisch sinnvolle Investitionen bestraft würden. Denn für moderne Gebäude gilt zum Beispiel ein hoher energetischer Standard - das ist ein Kostenfaktor, der in die Pauschale einfließt. Altbauten dagegen profitieren nicht nur von der niedrigen Pauschale, sie dürfen sogar noch bis zu 70 Prozent an Alterswertminderung abziehen. Die schicke Gründerzeitvilla käme also - verglichen mit einem Reihenmittelhaus von 2018 - vergleichsweise günstig weg. Ein positives Signal an Häuslebauer ist das eher nicht. Außerdem gilt die Kostenwertsteuer ebenfalls als aufwendig.

Und sie wäre wohl nicht ohne rechtliche Risiken: Die Kölner Steuerrechtlerin Johanna Hey hat das Modell in einem Gutachten für die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft als verfassungswidrig eingestuft.

Modell 4

Eine Art Zwitter wäre das "Süd-Modell", das so heißt, weil es auf die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zurückgeht. Auch hier ist eine wirkliche Bewertung der Immobilien nicht erforderlich, weil allein die Flächen von Grundstück und Gebäude in das steuerliche Rechenwerk eingespeist werden sollen. Freilich wäre das nicht ganz unaufwendig. Denn während die Maße der Grundstücke leicht zugänglich sind, wäre für die Gebäudefläche eine umfangreiche Erhebung nötig. Mit dieser Variante kämen die Mehrfamilienhäuser schlechter weg als die Einfamilienhäuser, wie der Ökonom Dirk Löhr errechnet hat. Ob sie unter dem Strich aber wirklich mehr zahlen würden als heute, sei indes fraglich: In seiner Beispielrechnung bleibt es ungefähr bei der aktuellen Steuerlast.

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