Grüne Werbung: Frank Dopheide:"Nicht mehr aus der Welt zu kriegen"

RWE und McDonald's zeigen es: Konzerne lieben es grün. Frank Dopheide, Chef der Werbeagentur Grey, über Wahrheit und Lüge im Öko-Marketing.

Tobias Dorfer

Wenn es eine Farbe gibt, die Unternehmen derzeit magisch anzieht, dann ist das die Farbe Grün. Siemens hat parallel zum Kopenhagener Klimagipfel eine riesige Werbekampagne aufgesetzt, die Post bietet den CO2-neutralen Versand von Briefen an - und der Fastfood-Konzern McDonald's will gleich sein Markenlogo grün einfärben. So viel guter Wille lässt die Frage offen, wie ernst es die Unternehmen tatsächlich mit dem Umweltschutz meinen. Naturschützer beklagen den Trend zum "Greenwashing". Auf der anderen Seite stehen Menschen wie Frank Dopheide, die alles daran setzen, die grüne Welle der Wirtschaft in den Köpfen von Kunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern zu verankern. Dopheide, 46, ist Chairman der Düsseldorfer Werbeagentur Grey und einer der bekanntesten Werber Deutschlands.

RWE, Energieriese, Foto: oh

Mit dem "Energieriesen" wollte sich der RWE-Konzern als umweltfreundliches Unternehmen verkaufen - das Vorhaben geriet zum PR-Supergau.

(Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Herr Dopheide, pünktlich zum Weltklimagipfel färbt McDonald's sein Firmenlogo grün, Siemens präsentiert sich als Umweltschützer, ebenso Audi, Post und Telekom. Wie viel davon entspricht der Realität?

Frank Dopheide: 100 Prozent.

sueddeutsche.de: Das müssen Sie begründen.

Dopheide: Unternehmen müssen beweisen, dass sie mehr tun, als nur Geld verdienen. Das geschieht inzwischen nicht nur in Hochglanzbroschüren.

sueddeutsche.de: Die Realität ist oft weniger schön. Kürzlich hat sich RWE in einem Spot mit einem Kuschelriesen als Weltretter aufgespielt, obwohl nur ein Mini-Anteil der RWE-Energie grün ist. Hätten Sie den RWE-Strategen diesen Spot empfohlen?

Dopheide: (zögert) "Nein" zu sagen, wäre zu einfach. Wahrscheinlich hätte ich die Geschichte mit mehr Wahrhaftigkeit erzählt. Und dennoch hätte ich empfohlen, einen Spot mit dieser Aussage zu drehen.

sueddeutsche.de: Einer der bekanntesten Werber Deutschlands fordert Energieunternehmen zum "Greenwashing" auf?

Dopheide: Überhaupt nicht. Denn es ist kein "Greenwashing". Alles, was einmal kommuniziert wurde, ist nicht mehr aus der Welt zu kriegen. Wer die Klappe weit aufreißt, von dem wird das eingefordert.

sueddeutsche.de: Das ist doch naiv. Ein normaler Verbraucher ist diesen Aussagen ausgeliefert.

Dopheide: Unterschätzen Sie die Verbraucher nicht. Für jede Branche gibt es eine Gruppe der Extrem-Interessierten. Die identifizieren schwarze Schafe schnell und haben mit den Medien eine enorme Kraft im Rücken. Im Übrigen sind die Konsumenten nicht blöd. Sie wissen, dass Werbung immer ein wenig schöngefärbt ist und die Wirklichkeit anders aussieht.

"Sympathischer, gut erhaltener, rüstiger Rentner sucht ..."

sueddeutsche.de: Was für Sie "Schönfärberei" ist, bezeichnen andere als Lüge. Wo ziehen Sie die Trennlinie?

Frank Dopheide, Foto: oh

Grey-Chairman Frank Dopheide glaubt den Aussagen der selbsternannten Weltenretter.

(Foto: Foto: oh)

Dopheide: Werbung hübscht immer auf. Das ist, wie bei den Kontaktanzeigen: "Sympathischer, gut erhaltener, rüstiger Rentner sucht ...". Da weiß jeder, dass das übertrieben ist.

sueddeutsche.de: Und was der Rentner tut, macht der Energiekonzern auch?

Dopheide: Lügen ist verboten, Übertreiben in vielen Fällen erlaubt. Wie sehr, das hängt ab vom Thema, von der Zielgruppe, an die sich die Werbung richtet. In einem Geschäftsbericht ist keine Übertreibung erlaubt. Bei einem Spot für Jugendliche ist die Sache anders. Angenommen, RWE würde einen Spot im Umfeld einer Comedy-Show schalten - da finde ich Übertreibungen legitim. Die Leute begreifen: "Alles klar, ihr Leute von RWE, ihr rettet die Welt! Selten so gelacht!"

sueddeutsche.de: Noch vor zehn Jahren war die Umwelt für Werbung völlig uninteressant. Inwiefern hat sich das inzwischen geändert?

Dopheide: Seit ich denken kann, gibt es diese Floskeln: "Wir respektieren unsere Mitarbeiter, wir handeln verantwortlich." Alles Blabla. Erst in den letzten Jahren sind daraus Programme geworden. Nehmen wir McDonald's. Die waren nach dem Film "Supersize Me" unter Druck. Dann hat man Salate eingeführt, auf regionale Produkte gesetzt und Testpersonen eingeladen. Nun zeigt sich, dass bei McDonald's nicht der Hamburger im Vordergrund steht, sondern der leichte Genuss.

sueddeutsche.de: Den Großteil seines Umsatzes macht McDonald's aber weiter mit fettigem Fastfood.

Dopheide: Das darf man doch McDonald's nicht vorwerfen. Die haben ihr Manko erkannt, Alternativen überlegt und sich als grünes Unternehmen neu aufgestellt.

sueddeutsche.de: Es bleibt ein schaler Nachgeschmack. Eine Firma macht auf grün, bastelt daraus eine Kampagne - geändert hat sich aber nicht viel.

Dopheide: McDonald's hat nicht nur eine Kampagne gemacht. Die haben die Organisation umgedreht. Alleine der Wechsel auf die grünen Schilder - das kostet locker hundert Millionen Dollar. Die meinen das ernst.

sueddeutsche.de: Eine grüne Strategie hat heute fast jedes Unternehmen. Besteht da nicht ein Druck, mit dem grünen Strom zu schwimmen, auch wenn man konkret gar nichts zu bieten hat?

Dopheide: Diesen Druck gibt es. Ohne eine grüne Strategie geht heute gar nichts mehr, auch wenn wir längst einen "grünen Overkill" haben.

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