Gründung:Ein Modell für Vermögende

Gründung: Vertrauen und Diskretion sind dem Beirat des Family Office Famos wichtig (von links): Albert Otten, Dominique Otten-Pappas und Heiner Otten.

Vertrauen und Diskretion sind dem Beirat des Family Office Famos wichtig (von links): Albert Otten, Dominique Otten-Pappas und Heiner Otten.

(Foto: Wolfgang von Brauchitsch/Famos)

Das Family Office bietet sich für Wohlhabende häufig nach dem Unternehmensverkauf an. Dann muss ohnehin eine neue Struktur gefunden werden.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Nach dem Verkauf des eigenen Lebenswerkes kann ein Family Office wertvolle Dienste leisten. Viele Aufgaben, die bislang für die Eigentümer im Unternehmen erbracht wurden, verlangen nach Organisation und Steuerung aus einer Hand. Family Offices verwalten das Familienvermögen, betreuen Firmenbeteiligungen und widmen sich der Nachfolgeplanung.

Die Unternehmerfamilie Otten war ihrer Zeit schon immer ein Stück voraus. Bereits 1959 erfolgte der Einstieg in das Immobiliengeschäft, fünf Jahre später eröffnete sie auf 6000 Quadratmetern den ersten Selbstbedienungsgroßhandel und 1974 folgte die Gründung der Warenhauskette Allkauf-Otten. Dies ist auch das Gründungsjahr ihres Family Office namens Familie Otten Service (Famos), einer Gesellschaft zur Verwaltung des Privatvermögens der Familie. Seither sind mehr als vierzig Jahre vergangen, und Allkauf-Otten ist längst an den Handelsriesen Metro verkauft. Famos gibt es immer noch. "Man muss verstehen, dass eine Lücke entsteht, wenn man das Unternehmen verkauft. Diese gilt es, mit neuen Aktivitäten zu füllen. Das Family Office ermöglicht uns, weiterhin unternehmerisch tätig zu sein und den Zusammenhalt der Familienmitglieder zu stärken", sagt Dominique Otten-Pappas, Enkelin des Firmengründers Heinz Otten und Mitglied des Famos-Beirats.

Anlass für die Gründung eines Family Office kann neben einem über Generationen erwirtschafteten Vermögen ein hoher Kapitalzufluss durch einen Firmenverkauf sein. "Viele Tätigkeiten, die für die Familie in der Firma erledigt wurden, brauchen dann eine neue Organisation", sagt Peter Schaubach, Leiter Competence Center for Family Office an der EBS Universität in Oestrich-Winkel. Primäres Ziel der Family Offices ist der langfristige Vermögenserhalt. "Die Verwaltung eines solchen Vermögens ist derart zeitaufwendig und komplex, dass sie nicht sinnvoll in Eigenregie durch die Familie selbst erfolgen kann", sagt Tim Knorr, Anwalt bei Rittershaus Rechtsanwälte in München.

Grundsätzlich sind Single Family Offices, die exklusiv für eine Familie arbeiten, und Multi Family Offices zu unterscheiden. "Der Aufbau und der professionelle Betrieb eines familieneigenen Family Office ist natürlich immer auch eine Kostenfrage. Entsprechend ausgebildete Berater und Vermögensverwalter erwarten eine marktübliche Vergütung und auch die notwendige Infrastruktur erfordert einen erheblichen Kapitaleinsatz", sagt Knorr. Der Betrieb einer eigenen Organisation lohnt sich erst ab einem liquiden Vermögen in dreistelliger Millionenhöhe.

Bei der Entscheidung zwischen einem Single und Multi Family Office sollte die Vermögenshöhe allerdings nicht einzig ausschlaggebendes Kriterium sein. Wichtig sind Fragen der Diskretion, Diversifizierung und Komplexität des Vermögens sowie regionaler Präferenzen der Familie. Wer seine Geschäfte in absoluter Vertraulichkeit führen will, sollte auf die Dienste eines Multi-Anbieters ebenso verzichten wie Familien mit sehr spezieller Geldanlage. Das passende Personal holt man sich in beiden Fällen besser ins eigene Haus. Große Gesellschaften kümmern sich nicht nur um die Vermögensverwaltung, sondern erledigen Steuer- und Rechtsangelegenheiten, Immobilienverwaltung sowie, wenn gewünscht, die Gesamtorganisation des aufwendigen Lebensstils. Ist ein Single Family Office erfolgreich, öffnet es sich häufig für andere reiche Familien. Ein Schritt, den auch Familie Otten gegangen ist.

Das Multi Family Office Famos ist auf Immobilien spezialisiert und betreut mit 25 Mitarbeitern das Immobilienvermögen von 13 Familien im Wert von 250 Millionen Euro. Seit der Umwandlung in ein Multi Family Office steht ein externer Manager an der Spitze. "Mein Vater und mein Onkel haben die operative Geschäftsführung der Famos Immobilien vor Jahren an eine familienunabhängige Geschäftsführung abgegeben. Dadurch wurde eine verstärkte Koordination der Familienaktivitäten wichtig, die ich 2010 in die Hand genommen habe", sagt Otten-Pappas. Allein die Otten-Familie hat 14 Familienmitglieder der dritten Generation. Die Beziehungspflege und der Informationsfluss zwischen Unternehmen und Gesellschaftern seien wichtig. Vertrauen und Diskretion werden bei vermögenden Familien großgeschrieben - zwei zentrale Motive für den verstärkten Trend zu Family Offices in den vergangenen Jahren.

"Der Vormarsch der Family Offices hat auch mit dem Versagen der Banken im Zuge der Finanzkrise sowie mit dem damit einhergehenden Vertrauensverlust zu tun", sagt Knorr. Gleichzeitig sei das Bedürfnis der vermögenden Privatkunden nach hochwertiger, unabhängiger Beratung gewachsen. Die Unternehmerfamilien suchen sorgfältig nach Personal mit entsprechender Persönlichkeit, Qualifikation und Qualität. Wer die Betreuung eines Multi Family Office präferiert, sollte ähnlich akribisch vorgehen. "Es ist nicht bei allen Offices drinnen, was außen draufsteht. Die Familien brauchen unbedingt unabhängige Beratung und Begleitung beim Auswahlprozess und sollten sich bei der Auswahl Zeit lassen", sagt Schaubach.

Die Gründung eines Family Office ist unproblematisch und bedarf lediglich eines Rechtsaktes. Langwierig gestalten sich hingegen die Entscheidungsprozesse im Vorfeld. "Vom Projektstart über die Klärung der individuellen Struktur, die Auswahl der geeigneten Family Officer bis zur familieninternen Abstimmung der vermögensstrategischen Fragen sollte man im Idealfall einen Zeitraum von bis zu einem Jahr einplanen", meint Knorr, der Familien beim Aufbau von Family Offices berät.

Unmöglich sei die vollständige Anlage des Vermögens binnen Jahresfrist. Jede Anlageklasse zu prüfen, die geeignete Strategie festzulegen und das Portfolio zu strukturieren, braucht Zeit. "Wenn ich ein Single Family Office neu aufbaue, werden nach einem Jahr maximal dreißig Prozent des Vermögens angelegt sein", sagt Schaubach. Ein kurzer Zeitraum für das auf Generationen ausgerichtete Geschäft der Family Offices.

Otten-Pappas sieht die Zukunft der Familie gestärkt: "Das Family Office wirkt wie eine Klammer, die uns zusammenhält", sagt sie.

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