Großrazzia bei Immobilienfirma:Teure Autos, schöne Frauen, Millionenschaden

Razzia gegen Anlagebetrüger

Razzia in der Villa der Firmengruppe S&K: Verdacht auf Schneeballsystem

(Foto: dpa)

Partys mit echten Elefanten, sündhaft teure Sportwagen - und ein Schneeballsystem: Zwei Geschäftsführer einer Frankfurter Immobilienfirma sollen sich ihren exzessiven Lebensstil auf Kosten ihrer Kunden finanziert haben. Die Justiz ermittelt, die Männer sitzen in Untersuchtungshaft. Anleger müssen um ihr Erspartes fürchten.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Natürlich kann man zur Belustigung seiner Partygäste einen leibhaftigen Elefanten vorführen. Man kann auch vor teuren Sportwagen posieren und eine Armada junger hübscher Frauen engagieren. Die Immobilienfirma S&K hat sich mit diesen Eskapaden profiliert, woraufhin bei manchem Kunden ein unbehaglicher Verdacht aufkeimte - womöglich gehe es hier nicht mit rechten Dingen zu.

Die Mannschaftswagen der Polizei fuhren am Dienstagmorgen vor, auch in der Frankfurter Kennedyallee 123, wo die Unternehmensgruppe S&K ihren Hauptsitz hat. Die Beamten nahmen die Geschäftsführer Jonas K., 31, und Stephan S., 33, fest. Sie sitzen nun in Untersuchungshaft, die Firma war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Die beiden werden verdächtigt, gemeinsam mit einem Hamburger Finanzunternehmen durch den Aufbau eines Schneeballsystems einen Schaden von mehr als 100 Millionen Euro verursacht zu haben. Es sollen über 1000 Privatsparer betroffen sein, die mutmaßlichen Betrüger versprachen sichere Anlagen in Immobilien, was nach der Bankenkrise im Jahr 2008 auf große Resonanz stieß. Die Razzia der Behörden war von langer Hand geplant. An den rund 130 Durchsuchungen mit Schwerpunkten in Hessen, Hamburg und Bayern haben rund 1200 Ermittlungsbeamte und 15 Staatsanwälte teilgenommen.

Auch in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg strömten die Ermittler aus. Bei den bundesweiten Durchsuchungen sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt insgesamt sechs Verdächtige verhaftet worden. Es werde gegen etwa 50 Beschuldigte ermittelt.

Unter den Beschuldigten sind auch mehrere Notare und Rechtsanwälte. Die seit gut einem Jahr laufenden Ermittlungen beziehen sich auf mehr als 100 verbundene Gesellschaften wegen Verdachts des bandenmäßigen Betruges mit Kapitalanlagen, der Untreue und weiterer Straftaten.

Die erschlichenen Anlegergelder sollen hauptsächlich für den extrem aufwendigen und exzessiven Lebensstil der Beschuldigten verwendet worden sein, ebenso soll der Großteil der Immobilien in das Eigentum der Beschuldigten und deren Angehörige verschoben worden sein. Die Sparer müssen mit hohen Verlusten rechnen.

In ihren Selbstporträts trug die S&K-Unternehmensgruppe dick auf. Man bezeichnete sich als Marktführer in der Immobilienbranche und versprach bei einem "konservativen" Geschäftsmodell Renditen von "20 Prozent und über 100 Prozent trotz überschaubar geringem Risiko".

Auf der Internetseite zitieren sie erst Goethe und dann sich selbst

Spätestens da hätten Anleger stutzig werden müssen. Die Prospekte der S&K-Fonds sind zwar von der Finanzaufsicht Bafin abgenickt worden, aber nur formal. Im S&K-Prospekt steht denn auch, dass die Bafin die inhaltliche Richtigkeit nicht geprüft hat. "Das muss die Bafin auch bis heute nicht, was gerade auf dem grauen Kapitalmarkt mit all den schlechten Erfahrungen eine schlimme Gesetzeslücke ist", sagt der Rechtsanwalt Peter Mattil.

S&K machte zweierlei Geschäfte: Zum einen erwarb die Gesellschaft geschlossene Fonds anderer Anbieter, besonders solche Fondsgesellschaften, die über einen hohen Bargeldanteil verfügten, ein Betrag, der eigentlich für Immobilieninvestments vorgesehen ist. Ziel war es, dieses Bargeld zu vereinnahmen. Dazu sollten nach der Übernahme der Fondsgesellschaft die Gesellschafterverträge entsprechend geändert werden. "Das vorhandene Bargeld der Sparer sollte dann als Darlehen an die S&K vergeben werden, die versprach als Sicherheit für die Investoren Grundbucheinträge auf bestimmte Immobilien", berichtet ein Insider.

Allerdings habe die Firma auf Nachfrage nicht sagen können, welche Immobilien das im konkreten Fall seien, zudem sei es absolut unüblich, dass einzelne Investoren im Rahmen eines Fonds im Grundbuch eingetragen würden - die Aktion kam ihm verdächtig vor.

Neben dem Aufkauf von Fondsgesellschaften hat S&K zusammen mit einem Hamburger Emissionshaus eigene Fonds aufgelegt, auch hier griff man zu dem Trick mit den Darlehen.

So steht im Fondsprospekt für Deutsche S&K Sachwert Nr.2 , dass die Privatanleger der Fondsgesellschaft ein Darlehen geben, und dieses Darlehen dann an die S&K Sachwert weitergereicht würde. Das bedeutet: Die Anleger waren Kreditgeber und keine Immobilieninvestoren. Ihnen wurden Zinsen versprochen, aber keine Sachanlage. Die S&K, so heißt es im Prospekt weiter, solle mit dem Geld Immobiliengeschäfte durchführen - niemand weiß, ob und in welcher Art das dann geschah. Fest steht, dass Anleger 19,3 Prozent ihrer Einlagen sofort als Provision weiterreichen mussten.

Im Fadenkreuz der Ermittler stehen auch die Bewertungen des Immobilienbestands, den die Firma selbst auf mehrere Milliarden Euro beziffert hat. Man wirft der Unternehmensgruppe vor, den Wert des eigenen Immobilienbestands mit zweifelhaften Gutachten geschönt und dadurch Kapitalanleger geschädigt zu haben.

"Wir können nachweisen, dass die S&K bei der Bewertung von mehreren Immobilien einen Gutachter eingesetzt hat, der überhaupt keine Zulassung hatte. Dieser kam verdächtig oft auf einen Immobilienwert, der über dem tatsächlichen Marktwert lag", behauptete die Rechtsanwaltskanzlei Göddecke am Dienstag schriftlich.

Die nun Verhafteten pflegten ihren Hang zur Selbstinszenierung. So sponserten sie Golfturniere, veröffentlichten Schnappschüsse, auf denen sie Politikern die Hand schütteln und bemühten sich um Aufnahme in Verbände - so war Jonas K. Mitglied im Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft. Auf der Internet-Startseite des Unternehmens zitieren sie erst Goethe und dann sich selbst. Jonas K. hat sich - womöglich zu Unrecht - mit einem Doktortitel geschmückt. In Aschaffenburg läuft deshalb ein Verfahren gegen ihn. Aber sicher ist das jetzt nicht sein größtes Problem.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: