Großbritannien:Unter Freunden

Remembrance Sunday

David Cameron, 51, war von 2010 bis 2016 Premierminister Großbritanniens. Der Konservative trat nach dem EU-Referendum zurück. Jetzt schreibt er seine Memoiren, tingelt als Redner um die Welt und ist Vize-Chef eines China-Fonds.

(Foto: Stefan Rousseau/picture alliance)

Eigentlich wollte der britische Ex-Premier David Cameron ein Buch über seine Amtszeit schreiben. Doch jetzt wirbt er für einen China-Fonds und hilt einem Parteifreund und langjährigen Parteispender. Das sorgt für viel Ärger. Hat er einen Interessenskonflikt?

Von Björn Finke, London

David Cameron sitzt an einer Autobiografie über seine Amtszeit. Um ungestört schreiben zu können, hat der frühere britische Premierminister eine kleine Hütte für den Garten seines Hauses in den Cotswolds gekauft, einer hügelig-lieblichen Region im Westen Englands. Doch anders als geplant werde das Buch nicht mehr in diesem Jahr veröffentlicht, heißt es. Offenbar hat der Konservative, der das EU-Referendum ansetzte und nach dem Sieg des Brexit-Lagers zurücktrat, zu viel anderes um die Ohren. So hilft er einem langjährigen Freund und Parteispender dabei, einen Investmentfonds aufzusetzen. Dieses Engagement bereitet Cameron nun Ärger.

Der Ex-Regierungschef ist stellvertretender Vorsitzender des UK-China Fund. Dieser Investmentfonds will eine Milliarde Dollar von Geldgebern einsammeln und in "innovative und nachhaltige Wachstumschancen" stecken. Die unterstützten Firmen und Projekte müssen nicht in den beiden Staaten beheimatet sein, aber sie sollen der Neue-Seidenstraße-Initiative der chinesischen Regierung dienen. Unter diesem Schlagwort will China Hunderte Milliarden in Infrastruktur in Asien, Afrika und Europa investieren: in Straßen und Gleise, Flughäfen und Häfen. Nicht aus Nächstenliebe, sondern um Exporte aus China zu vereinfachen und heimische Konzerne zu fördern. Deswegen sehen viele Regierungen im Westen dieses Projekt kritisch.

Hinter dem Fonds, bei dem Cameron mitmischt, steckt Peter Gummer, der mit PR-Firmen reich wurde und jetzt für die Konservativen als Lord Chadlington im Oberhaus sitzt. Cameron hat sich als Premier für mehr Investments der Chinesen in Großbritannien und engere Wirtschaftsbeziehungen stark gemacht. Das Königreich wolle "der beste Partner Chinas im Westen" sein, sagte er einmal etwas devot. Im vorigen September besuchte der China-Freund Peking und sprach mit Vize-Premier Ma Kai über den Fonds. Im Monat darauf redete er hierüber mit Schatzkanzler Philip Hammond, einem Parteifreund.

Ma und Hammond trafen sich im Dezember in Peking, und der Fonds war eine von mehreren Initiativen, die bei diesem Wirtschaftsgipfel verkündet wurden. Die beiden Politiker warben für das Vorhaben.

Cameron hat seine Tätigkeit bei einer Behörde angemeldet. Diese prüft, ob Interessenskonflikte vorliegen, wenn Minister oder hohe Beamte nach dem Ausscheiden Jobs in der Wirtschaft annehmen. Das Amt urteilte, dass Camerons Engagement keine Probleme aufwerfe. Er solle aber die ersten zwei Jahre nach seinem Rücktritt, also bis Sommer 2018, nicht persönlich bei der Regierung für den Fonds trommeln.

Ein Abgeordneter der Oppositionspartei Labour argumentiert, dass Cameron genau das beim Gespräch mit Finanzminister Hammond getan habe. In einem Brief fordert der Politiker Erklärungen vom konservativen Schatzkanzler. Ein Sprecher Camerons sagt, beim Treffen im Oktober sei es nicht nur um den Fonds gegangen.

Allerdings hat die Werbung für den Fonds beim Wirtschaftsgipfel bisher nichts gebracht. Der Financial Times zufolge haben noch keine Großinvestoren zugesagt. Ein Scheitern der Pläne könnte Cameron finanziell verkraften. Er schreibt nicht nur ein Buch, sondern ist auch ein gefragter - und teurer - Redner. Für seine Vorträge in aller Welt kassiert er manchmal mehr als 130 000 Euro, wie britische Medien berichten. Seine Agentur, das Washington Speakers Bureau, preist Camerons "einzigartige Perspektive" bei Themen wie der Zukunft der EU.

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