Großbritannien:Fertig mit Retten

Views Of Financial District As HSBC Says Companies Already Re-Routing Business Due To Brexit

Wie viele Frauen haben hier etwas zu sagen? Blick über eine Fußgängerbrücke auf Canary Wharf, den Finanzdistrikt der Londoner City. Investmentfonds, die auf Frauenförderung setzen, interessiert zum Beispiel die Zahl der weiblichen Führungskräfte, bevor sie ihr Geld in einem Unternehmen anlegen.

(Foto: Chris Ratcliffe/Bloomberg)

Der Staat verkauft seine letzten Anteile an der Bank Lloyds. Der Steuerzahler erhält sogar sein Geld zurück.

Von Björn Finke, London

Retten lohnt sich: 894 Millionen Pfund Gewinn soll die britische Regierung mit ihrer Beteiligung an der Bank Lloyds gemacht haben. Das Londoner Institut gab am Mittwoch bekannt, dass der Staat in den vergangenen Tagen seine letzten Lloyds-Aktien an der Börse verkauft hat. Nach Berechnungen von Lloyds fiel dabei insgesamt ein Gewinn ab. Der Steuerzahler musste den Konzern 2008, in der Finanzkrise, mit einer Kapitalspritze vor dem Untergang bewahren. Die Regierung steckte 20,3 Milliarden Pfund in das marode Institut und hielt zeitweise 43,4 Prozent der Anteile.

Seit September 2013 trennt sich die Regierung schrittweise von ihren Papieren, vorige Woche betrug der Anteil nur noch 0,25 Prozent. Für die Finanzbranche im Königreich ist es geradezu ein historischer Moment, dass die erste vom Staat gerettete Bank nun wieder komplett in privater Hand ist. Lloyds zufolge nahm der Staat durch die Verkäufe und Dividendenzahlungen 21,2 Milliarden Pfund ein, also mehr, als er in der Krise investierte. Vorstandschef António Horta Osório sagte, als er vor sechs Jahren bei dem Institut anfing, sei es in einer "sehr schwierigen Situation" gewesen. Jetzt hingegen sei Lloyds "eine der stärksten Banken" der Welt.

Das leidvolle Kapitel Bankenrettung ist allerdings für die britische Regierung noch lange nicht abgeschlossen. An der Royal Bank of Scotland hält der Staat weiter 72 Prozent der Anteile. Daneben verwaltet UK Asset Resolution, die Bad Bank der Regierung, Hypotheken im Wert von 22 Milliarden Pfund. Die Darlehen stammen von den Hypothekenbanken Bradford & Bingley und Northern Rock, die in der Krise verstaatlicht wurden.

Die USA sind da weiter. Dort verkaufte der Rettungsfonds Tarp schon vor zweieinhalb Jahren seine letzte nennenswerte Beteiligung an einer Bank. Insgesamt investierte Tarp während der Krise 426 Milliarden Dollar in marode Finanz- und Autokonzerne. Da 441 Milliarden Dollar durch Verkäufe, Zins- und Dividendenzahlungen hereinkamen, erzielte das Programm 15 Milliarden Dollar Gewinn.

Bundesländer, die Förderbank KfW und der Rettungsfonds investierten Milliarden

In Deutschland hingegen wird die Krisenhilfe aller Voraussicht nach zum Minusgeschäft. Allein beim Rettungsfonds Soffin liefen bis Ende 2016 Verluste von 22,5 Milliarden Euro auf. Die stammen aus den Staatshilfen für Commerzbank, WestLB und Hypo Real Estate. Daneben steckten auch die Bundesländer Milliarden in ihre Landesbanken, und die Förderbank KfW stützte das Institut IKB.

Die Finanzminister müssen sich darauf einstellen, viele dieser Milliarden nicht wiederzusehen. Zumal auch die Erfolgsbilanz in den USA von Kritikern angezweifelt wird. Geld gibt es nicht umsonst: Investoren erwarten Zinsen, und der amerikanische Staat musste sich die Milliarden, die er an Banken ausreichte, selbst erst leihen. Dazu kommt die Inflation. Ein Dollar heute ist weniger wert als ein Dollar, der 2009 an eine Bank überwiesen wurde. Werden solche Finanzierungskosten auf die ausgezahlten 426 Milliarden Dollar draufgeschlagen, bleibt von den schönen 15 Milliarden Dollar Gewinn nichts übrig.

Ähnliches gilt für die 894 Millionen Pfund Gewinn, die der britische Staat angeblich mit der Rettung von Lloyds macht. Der frühere Schatzkanzler George Osborne präsentierte schon vor zwei Jahren eine Studie, die belegen sollte, dass die Regierung mit der Bankenrettung insgesamt einen Milliardengewinn erzielen werde. Auch hier bemängelten Kritiker, dass dieser Gewinn verschwinde, sobald Finanzierungskosten berücksichtigt werden.

Eine große Belastung für die Bilanz der Bankenrettung ist die Royal Bank of Scotland (RBS). Der Staat investierte 2008 und 2009 etwa 45 Milliarden Pfund in das Institut und hält nun 72 Prozent der Aktien. Seit dem Einstieg hat das Edinburgher Geldhaus jedes Jahr einen Verlust ausgewiesen, im vergangenen Jahr lag der Fehlbetrag bei sieben Milliarden Pfund.

Der Staat zahlte einen Durchschnittspreis von 502 Pence pro Aktie. Jetzt notiert das Papier etwa bei der Hälfte. Der konservative Schatzkanzler Philip Hammond, Osbornes Nachfolger, geht deswegen nicht davon aus, bei einer Privatisierung Gewinn zu erzielen. Im Parlament sagte er jüngst, die Regierung plane im Moment keine Verkäufe, halte aber am Ziel fest, die Bank wieder in private Hände zu geben. Er wolle einen "fairen Preis für die Aktien" bekommen, doch "der faire Preis könnte durchaus unter dem liegen, was die frühere Regierung für die Aktien gezahlt hat".

Die RBS hat weiter mit Altlasten zu kämpfen. Für Skandale aus der Vergangenheit fielen bereits Strafen in Milliardenhöhe an. Und eine weitere Strafe in den USA steht noch aus. Für Betrügereien beim Verkauf von Hypothekenpapieren vor der Finanzkrise könnte der Konzern bis zu 13 Milliarden Dollar zahlen müssen. Der Rivale Lloyds wurde ebenfalls zu diversen Strafen verdonnert, doch drohen nun keine hohen Belastungen mehr. Das Unternehmen hat sich gesundgeschrumpft, sich von Sparten und Filialen getrennt. Die Zahl der Mitarbeiter sank um 57 000. Den Gewinn konnte der Konzern 2016 kräftig steigern. Davon profitieren von nun an ausschließlich private Investoren, nicht mehr der Staat.

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