Griechische Staatsanleihen:Internationaler Währungsfonds erhöht Druck auf EZB

Banken und Versicherer verhandeln mit Griechenland: Sie sollen mindestens auf die Hälfte ihrer Forderungen an das klamme Land verzichten. Doch während sie mit der Regierung um den Zinssatz feilschen, kommt der größte Gläubiger des Landes ungeschoren davon: die Europäische Zentralbank. Jetzt macht der Internationale Währungsfonds den Notenbankern Druck. Auch sie sollen Milliarden abschreiben.

Eigentlich verhandelt Griechenland selbst mit seinen Gläubigern über die Details des Schuldenschnitts. Doch zusehends mischen sich andere Spieler ein. Erst am Dienstag hatte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker klargemacht, welchen Zinssatz sich die europäischen Helfer für den überschuldeten Staat wünschen. Jetzt interveniert auch der Internationale Währungsfonds (IWF).

Der IWF will einem Bericht der Financial Times zufolge die Europäische Zentralbank (EZB) in der Schuldenkrise stärker in die Pflicht nehmen. Nach den Wünschen des IWF sollen nicht nur die privaten Gläubiger, sondern auch die EZB Verluste auf die griechischen Staatsanleihen hinnehmen. Finanzanalysten schätzen, dass diese Anleihen in Höhe von 40 Milliarden Euro hält.

Während der IWF Druck auf die EZB ausübt, steckt Griechenland selbst in einer entscheidenden Phase. Die wichtigen Gespräche der Banken und Versicherer mit der griechischen Regierung stocken seit Tagen. Auf dem EU-Gipfel 2011 wurde vereinbart, dass sie auf 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Das entspricht 100 Milliarden Euro.

Dazu würden sie ihre bald fälligen griechischen Anleihen in längerfristige Papiere umtauschen. Auf die hätten der mächtige Bankenverband IIF und sein Unterhändler Charles Dallara gerne vier Prozent Zinsen. Das gefällt der Euro-Gruppe nicht. Allerhöchstens 3,5 Prozent seien drin, sagte ihr Chef, der luxemburgische Premierminister Juncker.

Der Schuldenerlass ist die Voraussetzung für das im Herbst im Grundsatz beschlossene zweite Griechenland-Hilfsprogramm von IWF und den Euro-Ländern in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro.

Doch so groß das Hilfspaket auch ausfällt: Griechenland bleibe trotz privatem Schuldenschnitt auf zu viel Krediten sitzen, sagt der IWF. Seine Analysten sind zu dem Schluss gekommen, dass der Schuldenstand Griechenlands mit den bisherigen Schritten nicht wie geplant bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden kann. Erst am Montag hatte IWF-Chefin Christine Lagarde in Berlin daher eine Aufstockung des dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM gefordert. Der ESM hat ein Volumen von 500 Milliarden Euro und soll vom Sommer an Staatspleiten in der Euro-Zone verhindern.

Die Forderungen des IWF an die EZB freuen die privaten Gläubiger. Ihrer Ansicht nach dürften die europäischen Regierungen nicht mit zweierlei Maß messen. Öffentliche Gläubiger Griechenlands - allen voran die EZB - müssten genauso einen Beitrag zur Entlastung des Staates leisten wie private Investoren.

Die EZB sträubt sich. Sie bleibt dabei: keine Abschreibung. Der Financial Times zufolge dementiert der IWF auch offiziell, Druck auf die europäischen Notenbanker auszuüben.

Seit 2010 häuft die EZB griechische Staatsanleihen an, die im privaten Sektor schon lange fast niemand mehr kaufen will. Zum einen kauft sie in einem umstrittenen Programm diese vom Markt weg. So sinken die Zinssätze, die Griechenland Investoren bieten muss, um sich neues Geld zu leihen. Zusätzlich akzeptiert die EZB Staatsanleihen als Sicherheit, wenn sich griechische Banken von ihr Geld leihen. Anders können sich die gefährdeten Institute derzeit kaum liquide halten. Wie viel Anleihen die EZB genau hält, ist unbekannt. Sie veröffentlicht keine Zahlen zum Thema, gilt aber als größter einzelner Gläubiger Griechenlands.

Neben der EZB, Banken und Versicherungen halten auch Hedge-Fonds Anleihen des Landes. Ihre Anwälte suchen derzeit nach Möglichkeiten, das Land juristisch zu zwingen, einen möglichst großen Teil seiner Schulden zu begleichen. Selbst den Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte prüfen sie.

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