Griechenland räumt höheres Defizit ein:Land außer Kontrolle

Um die Staatsfinanzen Griechenlands ist es schlechter bestellt als angenommen. Die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds ist vorzeitig aus Athen abgereist. Jetzt muss Griechenland nacharbeiten - und hat nur wenige Tage Zeit.

Geld hat Griechenland keines mehr, dafür seit heute etwas mehr Zeit: Die Regierung muss nacharbeiten, Vertreter der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) sind früher als geplant aus Athen abgereist. Griechenland müsse den Haushaltsplan für 2012 überarbeiten und Strukturreformen angehen, teilte die EU-Kommission mit.

Erst in zehn Tagen wollen sie wiederkommen und prüfen, ob die Regierung die vereinbarten Reformen umsetzt. Vom Ergebnis hängt ab, ob die nächste Kredittranche in Höhe von acht Milliarden Euro für das Land ausgezahlt wird.

Zugleich muss Griechenlands Finanzminster eingestehen, dass das Staatsdefizit noch schlimmer ausfällt als erwartet. Streit über die Sparprogramme gebe es aber nicht, versicherte Evangelos Venizelos auf einer Pressekonferenz: "Es gibt überhaupt keine Grundlage für die Berichte über einen Abbruch der Gespräche." Die seien im Gegenteil "sehr freundschaftlich und kreativ" gewesen. Die Pause sei geplant gewesen, die Gespräche mit der Troika würden bald fortgesetzt.

Venizelos räumte aber negative Entwicklungen ein: Die griechische Wirtschaft werde in diesem Jahr um fast fünf Prozent schrumpfen. Aufgrund der schweren Rezession werde das Ziel, das Haushaltsdefizit auf 7,4 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken, nicht erreicht werden. Eine neue Zahl nannte Venizelos nicht. Griechische Medien spekulierten aber, dass die Defizitquote 2011 auf bis zu 8,8 Prozent ansteigen könnte. Venizelos sagte, wegen des Defizits könne seine Regierung keine weiteren Schritte unternehmen, um mehr Geld einzunehmen, die über die bereits vereinbarten und vom Parlament verabschiedeten hinausgingen.

Eklat um Griechenlands Haushalt

Wegen der Etatlage hatte es am Tag zuvor einen Eklat gegeben. Das Budgetbüro des Parlaments hatte in einem Bericht bezweifelt, dass Griechenland dieses Jahr seine Haushaltsziele erreiche, weil die Sparmaßnahmen zu spät kämen. Die Schulden des Landes seien "außer Kontrolle". Daraufhin erklärte Venizelos das Gremium für inkompetent. Dessen Vorsitzender trat daraufhin zurück. Das Büro war erst kürzlich gegründet worden, um die Finanzpolitik der Regierung besser zu überwachen.

Der hochverschuldete Staat ist auf internationale Kredite angewiesen und erhält seit Mai vergangenen Jahres regelmäßig Tranchen aus einem 110 Milliarden Euro schweren Rettungspaket. Ein zweites in Höhe von 109 Milliarden Euro wurde im Juni dieses Jahres beschlossen.

Die Troika-Gesandten wollen Mitte September zurückkehren, um die Gespräche abzuschließen und die Sparanstrengungen der Regierung zu bewerten. Auch die Bundesregierung wartet auf ihren Bericht. Egal welche einzelnen Schreckensmeldungen vor der Veröffentlichung bekannt würden: Nur das offizielle Urteil der Troika sei für Deutschland Grundlage weiterer Entscheidungen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: