Griechenland: Massenproteste:"Krieg gegen den Krieg der Kapitalisten"

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Rauchschwaden und Arbeitskampf: Die Griechen stemmen sich gegen den Zwangssparkurs und Regierungschef Papandreou bettelt um Beistand.

Griechenland im Ausnahmezustand: Weil der Unmut der Griechen über das Sparprogramm ihrer Regierung einen Höhepunkt erreicht hat, versammelten sich Polizeiangaben zufolge am Donnerstag in Athen und in Thessaloniki fast 10.000 linke Demonstranten und riefen auf Spruchbändern zum "Krieg gegen den Krieg der Kapitalisten" auf. Anlässlich der geplanten Eilabstimmung über das Sparpaket im Parlament riefen mehrere Gewerkschaften zu Streiks auf.

In der Hauptstadt Athen versammelten sich am Abend kommunistische und linksgerichtete Demonstranten vor dem Parlamentssitz. Die Straßen waren übersät mit Flutblättern, auf denen unter anderem die kommunistischen Gewerkschaft Pame ihre Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen aufforderte.

Zuvor hatten rund 300 Demonstranten das Finanzministerium in Athen abgeriegelt und die Beamten am Betreten des Gebäudes gehindert. Über dem Eingang des Ministeriums befestigten Pame-Mitglieder ein Spruchband: "Erhebt Euch, damit die Maßnahmen nicht in Kraft treten." Pame ist mit den griechischen Kommunisten (KKE) und der radikalen Linken (Syriza) verbunden.

Am Freitag soll in Folge eines Streiks der Fluglotsen auf allen Flughäfen der Verkehr stillstehen, in Athen sollen den ganzen Tag keine Busse und Straßenbahnen fahren. Für den 16. März wurde ein nationaler Streik angekündigt. Auch die Vertretungen von Grundschullehrern und Polizisten, die von den geplanten Einschnitten maßgeblich betroffen sind, riefen zu Arbeitsniederlegungen auf.

Das Sparprogramm im Umfang von 4,8 Milliarden Euro soll einen Staatsbankrott verhindern. Im öffentlichen Dienst sollen die Gehälter gekürzt werden, Rentnern drohen Nullrunden. Die Steuern für Alkohol, Tabak, Benzin und Luxusgüter sollen erhöht werden, die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 21 Prozent steigen.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, lobte die "überzeugenden" griechischen Sparpläne. Zugleich wies er Überlegungen zurück, Griechenland solle aus der Eurozone austreten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das Sparpaket gelobt.

Athen brachte zudem eine neue zehnjährige Staatsanleihe auf den Markt, die unerwartet viele Interessenten fand. Griechenland will damit fünf Milliarden Euro aufnehmen, die Angebote an den Staat beliefen sich laut Kreisen einer der beauftragten Banken aber sogar auf 15 Milliarden Euro. Dabei verlangten die Investoren etwas niedrigere Zinsen als erwartet. Athen muss bis Mai rund 20 Milliarden Euro Schulden tilgen.

"Wir wollen nicht Lehman Brothers sein."

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou erneuerte derweil sein Hilfegesuch an die EU-Staaten. "Wir bitten nicht um Geld. Was wir brauchen, ist die Unterstützung der EU und unserer europäischen Partner, damit wir an den Märkten Kredite zu besseren Bedingungen bekommen", sagte Papandreou der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

In Medien sei es so dargestellt worden, als hätte Griechenland darum gebeten, dass die Deutschen und die anderen Europäer das Land aus seiner Schuldenkrise herauskauften. Das sei nicht der Fall. Um den Euro müsse man sich aber keine Sorgen machen, sagte der griechische Regierungschef, der mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag zusammenkommt.

Die europäische Währung wäre dann gefährdet, wenn Griechenland quasi zerbräche und in einem Dominoeffekt andere Länder mitrisse. Griechenland unternehme alles, um das zu vermeiden. "Wir wollen nicht die Lehman Brothers der EU sein."

Im Video: Tausende Menschen haben am Donnerstagabend in Athen gegen die Sparprogramme der griechischen Regierung protestiert. Dabei kam es zu Ausschreitungen.

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© sueddeutsche.de/AFP/Reuters/jcb/brz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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