Eurokrise:Griechisches Parlament beschließt Referendum

Jeroen Dijsselbloem beim Eurogruppen-Treffen in Brüssel

Jeroen Dijsselbloem kündigt beim Eurogruppen-Treffen in Brüssel an: "Das Hilfsprogramm für Griechenland läuft Dienstagnacht aus."

(Foto: dpa)
  • Das griechische Parlament beschließt in der Nacht offiziell ein Referendum über die Gläubiger-Vorschläge für den 5. Juli.
  • Die Eurogruppe wird das Rettungsprogramm für Griechenland nicht verlängern.
  • Der Rat der EZB wird am Sonntag zu Beratungen über die Schuldenkrise in Griechenland zusammenkommen.

Griechisches Parlament beschließt Referendum

Das griechische Parlament hat in der Nacht ein Referendum zu den Reformvorschlägen offiziell beschlossen. 178 Abgeordnete sprachen sich dafür, 120 dagegen aus. Die Volksabstimmung soll am 5. Juli stattfinden. In der mehrstündigen Debatte verteidigte Premier Alexis Tsipras seine Politik: Er habe mit offenen Karten gespielt. Das Referendum werde stattfinden, "ob die Partner dies wollen oder nicht". Oppositionsführer Antonis Samaras kritisierte Tsipras als verantwortungslos und sprach von einem "Staatsstreich". Er rief zu Demonstrationen gegen die Regierung auf. Man könne nicht zulassen, Griechenland zu "Sambia oder Venezuela" werden zu lassen.

Hilfsprogramm endet

Die Eurogruppe will das Rettungsprogramm für Griechenland nicht über Ende Juni hinaus verlängern. Das entschieden die Finanzminister der Euro-Staaten am Samstag bei einem Krisentreffen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem (hier die Erklärung der Eurogruppe). "Das Programm wird am Dienstag ablaufen", sagte er. Als Grund nannte er die Ablehnung der Gläubiger-Vorschläge durch die griechische Regierung und das von Athen geplante Referendum über die Vorschläge. Dijsselbloem kritisierte es als "unfair", dass Athen das Referendum angesetzt und den Wählern empfohlen habe, die Reformvorschläge abzulehnen.

Später berieten die Finanzminister ohne ihren griechischen Kollegen Yanis Varoufakis, wie sie die Eurozone schützen könnten. Djisselbloem und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble erklärten anschließend, dass die Euro-Länder und die europäischen Institutionen alles tun würden, um den Euro zu schützen und Ansteckungsgefahren einer unmittelbar erwarteten griechischen Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. "Unsere Entschlossenheit wird den Euro stabil halten", sagte Schäuble.

Schon seit Tagen sind Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland im Gespräch. Wenn Länder vor einem Finanzkollaps stehen, können sie mit solchen Kontrollen eine Kapitalflucht ins Ausland stoppen. Die Entscheidung darüber ist aber nationale Angelegenheit. Griechische Verbraucher heben seit Wochen dramatisch viel Geld von ihren Konten ab, um es bei einem Zusammenbruch der Banken nicht zu verlieren.

EZB berät am Sonntag

Angesichts der neuerlichen Eskalation plant die Europäische Zentralbank (EZB) weitere Beratungen. Der EZB-Rat werde zu gegebener Zeit zusammenkommen, teilte die Notenbank am Samstagabend mit. "Die EZB beobachtet die Entwicklungen genau", hieß es zudem. Die EZB spielt in dem Schuldenstreit eine Schlüsselrolle, weil sie Nothilfen für die griechischen Banken (ELA) gewährt. Die ELA-Hilfen sind Kredite der griechischen Notenbank an die griechischen Banken. Sie müssen aber von der EZB genehmigt werden.

Wegen des massiven Abflusses von Kundengeldern sind die griechischen Institute auf diese Hilfen angewiesen. Sollte Griechenland die Ende Juni fällige Kreditrate über 1,6 Milliarden Euro an den IWF nicht zahlen können, dürfte die EZB keine ELA-Kredite mehr gewähren. Griechenlands Banken könnte dann sehr schnell das Geld ausgehen.

Attacken des griechischen Finanzministers

Griechenlands Finanzminister Varoufakis kritisierte die anderen 18 Euro-Länder nach dem Treffen für ihre Weigerung, das Griechenland-Hilfspaket über den 30. Juni hinaus zu verlängern. "Ich fürchte, das wird das Ansehen der Eurogruppe als demokratische Institution dauerhaft beschädigen", sagte Varoufakis. Die griechische Regierung habe um die Verlängerung um "einige Tage, einige Wochen" gebeten, um ein Referendum am 5. Juli abhalten zu können. Die Weigerung der Euro-Partner sei umso bedauerlicher, weil es wahrscheinlich sei, dass die griechische Bevölkerung sich in dem Referendum gegen die Regierung und für eine Annahme des Rettungspakets ausgesprochen hätte, sagte Varoufakis.

Referendum am 5. Juli geplant

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hatte am frühen Samstagmorgen im Fernsehen die Volksabstimmung für den 5. Juli angekündigt. Tsipras kündigte am Samstag an, dafür "eine kleine Verlängerung" des laufenden Hilfsprogramms um einige Wochen zu beantragen. Das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer für Griechenland läuft aber bereits am 30. Juni ab. Dann muss Athen auch etwa 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen.

Parlament in Athen debattiert über Referendum

Am Samstag kam in Athen das Parlament zusammen, um über das Referendum zu befinden. Zwar hat die Regierung für die Billigung der Volksabstimmung eine klare Mehrheit. Die Debatte wurde dennoch stundenlang erbittert geführt.

"Die Vorschläge der Geldgeber waren ein tödliches Rezept für Griechenland", sagte etwa Innenminister Nikos Voutsis, der der regierenden Syriza angehört. In einem Referendum könnten auch die "unsichtbaren" Opfer dieser Politik ihre Stimme abgeben. Die Opposition lehnt das Referendum ab. Evangelos Venizelos von der Oppositionspartei Pasok sagte: "Das Referendum ist verfassungswidrig." Ein Vertreter der größten Oppositionspartei, der konservativen Nea Dimokratia, sagte: "Ein Teil der Regierung verfolgt den Plan, Griechenland aus Europa herauszuführen. Die Regierung schiebt die Verantwortung auf das Volk ab."

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