Grauzone E-Commerce:Eichel will Steuerlöcher im Internet schließen

Bei der Suche nach Einnahmequellen hat der Finanzminister das World Wide Web entdeckt. Dort läuft seiner Meinung nach zu viel Geld am deutschen Fiskus vorbei.

Vn Marc Beise

Jedem Finanzminister seine exklusive Schlagzeile. Bayerns Etatwächter Kurt Faltlhauser (CSU) will sich als Steuersenker profilieren und dem notgeplagten Firmen-Mittelstand die Erbschaftsteuer erlassen, nachzulesen am Montag in der Süddeutschen Zeitung.

Grauzone E-Commerce: Hans Eichel will den Online-Handel schärfer kontrollieren.

Hans Eichel will den Online-Handel schärfer kontrollieren.

(Foto: Foto: ddp)

Von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) dagegen war am selben Tag in der Bild-Zeitung zu erfahren, dieser wolle nun auch noch eine Internet-Steuer einführen.

Eichels Pech war es, dass er in dem Interview zwar eine tadellos unverdächtige Antwort gegeben hatte, diese aber in der Überschrift verkürzt und damit verfälscht wurde. Eine Internet-Steuer, so ließ er am Montag verbreiten, schwebe dem Minister nun ganz und gar nicht vor.

Damit ist er gut beraten, weil andernfalls auch noch das letzte Fünkchen Vertrauen in die Urteilsfähigkeit des Finanzministers verloren gewesen wäre.

Internethandel ein Lichtblick

In der labilen wirtschaftlichen Situation Deutschlands und angesichts der miesen Umfragewerte für die regierende rot-grüne Koalition auch noch mit der Idee einer neuen Steuer zu jonglieren, käme vermutlich einem politischen Selbstmord ziemlich nahe.

In der ansonsten trostlosen Situation des deutschen Konsums ist der Internethandel einer der wenigen Lichtblicke, und sogar der Bundeskanzler hat gerade erst wieder für eine stärkere Internetnutzung der Bürger zum Wohle des Landes geworben.

Auktionen und Shops im Ausland sehr beliebt

Einer von der Postbank veröffentlichten Studie zufolge schätzen vor allem leitende Angestellte und Selbstständige sowie Gutverdiener den Einkauf im Internet wegen der Zeitersparnis und der Unabhängigkeit von Öffnungszeiten.

Deutlich gestiegen in der Gunst der Online-Käufer generell sind Auktionen im Internet sowie ausländische Shops. Diese und andere Nutzer dürfen ziemlich sicher sein: Es wird keine Internetsteuer geben, obwohl das Thema von den EU-Finanzministern seit Jahren immer wieder hin- und hergewendet wird.

Eichel will Steuerlöcher im Internet schließen

Keine neue Steuer

Nur: Wie sollte eine solche Steuer technisch funktionieren? Bemessungsgrundlage könnte ja nur die transportierte Datenmenge sein - und wer will die zuverlässig erfassen?

Eichel weiß das sehr wohl. Er hat im Interview denn auch der Idee einer SMS-Steuer, mit der die italienische Regierung liebäugelt, eine klare Absage erteilt: "Wir wollen keine neue Steuer."

Wo er aber genauer hinsehen will, das ist der Internethandel. "Da läuft zu viel an der Umsatzsteuer vorbei." Richtig ist, dass für das Internet keine anderen gesetzlichen Regeln gelten als für normale Geschäfte.

Bereits dort entgehen dem Staat jährlich Milliardensummen durch Betrug bei der Umsatzsteuer. Wer es auf Betrug anlegt, hat es im flüchtigen Netz besonders leicht, bestätigt Thomas Kriesel vom Fachverband Bitkom.

"Betrug gibt es überall"

Der Steuerexperte bezweifelt aber, dass es sich hier um ein Massenphänomen handelt. "Betrug gibt es überall. Aber ein normales Unternehmen wird sich seinen Online-Handel nach denselben Regeln organisieren wie die übrigen Geschäfte."

Eichel hat seine Vorstellungen, beim Internethandel "schärfer zu kontrollieren", noch nicht präzisiert. Ohnehin wird sich hier so schnell nichts bewegen. Bei der Umsatzsteuer liegt die gesetzgeberische Zuständigkeit längst bei der EU, und es herrscht das Prinzip der Einstimmigkeit.

Keine neue Regelung also, bis alle 25 EU-Regierungen zustimmen. Und das kann dauern.

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