GoPro:Am Hype verschluckt

Bloomberg's Best Photos 2014

Der Surfer auf dem Scheitelpunkt der Welle: GoPro-Chef Nick Woodman 2014 beim Börsengang seiner Firma in New York.

(Foto: Victor J. Blue/Bloomberg)
  • Die Aktien von GoPro dümpeln an der Börse vor sich hin: Für das Unternehmen läuft es derzeit nicht so gut wie von vielen erhofft.
  • Sieben Prozent der 1500 Beschäftigten sollen gehen.

Von Helmut Martin-Jung

Erst war es eine aus der Not geborene Idee, dann wurde ein Riesentrend daraus: Weil ihm die professionelle Ausrüstung fürs Filmen auf dem Surfbrett viel zu teuer war, bastelte sich der leidenschaftliche Surfer Nick Woodman selber eine. Aus der handgestrickten Lösung mit einer Kleinbildkamera in einem Plastikgehäuse und einem Neopren-Gurt wurden im Lauf der Jahre die kleinen digitalen Actionkameras, deren Name zum Begriff für die ganze Gattung geworden ist: GoPro.

Kamera auf den Helm gesteckt, auf "Rec" gedrückt, und ab geht es - auf die Piste oder auch aus dem Flugzeug. Was nicht gefilmt wurde, heute wirkt es für viele Freizeitsportler so, als hätte es nicht stattgefunden. Und wenn die Bilder noch so wackelig sind. Der Hype um die GoPro - über Jahre weit oben auf den Wunschlisten von Jugendlichen - machte Woodman zum Milliardär.

Doch schon seit einigen Monaten muss sich der 40-Jährige, dem man seine Lieblingsbeschäftigung noch immer ansieht, Sorgen machen: In den vergangenen zwölf Monaten verlor die Aktie des Unternehmens drei Viertel ihres Werts. Zurzeit dümpelt sie weit unter ihrem Ausgabekurs von 24 Dollar, zuletzt bei gut 14 Dollar. Woodman musste reagieren, sieben Prozent der etwa 1500 Beschäftigten sollen gehen.

Doch fragen sich viele, ob das reichen wird. Denn zum einen bieten immer mehr Konkurrenten ähnliche Produkte an, darunter auch der Preisbrecher Xiaomi aus China, dessen durchaus leistungsstarke Kamera Yi in den USA zeitweise für knapp 70 Dollar zu haben war. GoPro dagegen verlangte für sein neuestes Modell zunächst satte 399 Dollar. Erst als die Verkäufe im Weihnachtsgeschäft nicht wie erwartet anzogen, senkte das Unternehmen den Preis radikal um die Hälfte auf 199 Dollar.

Ein anderes Problem aber könnte noch erheblich schwerwiegendere Folgen haben. Denn eine Actionkamera veraltet nicht so schnell wie Smartphones - und sogar bei den Alleskönner-Handys nimmt ja die Kurve der wirklichen Neuerungen und Verbesserungen pro neuer Generation schon länger ab. Die Kunden werden sich also nicht alle ein, zwei Jahre neue kaufen. Und - ebenso wichtig - der Kundenkreis ist begrenzt. So viele junge Sportler und Actionfilmer, die erst jetzt auf den Trend aufspringen, seien nicht mehr zu erwarten, befürchten Analysten. In China gibt es für GoPro zwar noch einen großen Markt, doch hier ist auch die Konkurrenz durch Billiganbieter wie Xiaomi am größten.

Vielen reicht das Smartphone

Hinzu kommt: Das Filmen sportlicher Aktivitäten ist ein ziemlicher Hype geworden. Doch Hypes ebben irgendwann auch wieder ab, manchen reicht es auch, das Smartphone dafür zu verwenden, womöglich in einer Schützhülle, die erheblich günstiger zu haben ist als eine GoPro.

Und GoPro stellt bis jetzt nur ein Produkt her - Actionkameras. Der Stern der Firma aus San Mateo, Kalifornien, könnte daher ebenso schnell wieder sinken, wie er einst aus den Wellen des Pazifiks aufgetaucht war. Zur Consumer Electronics Show hat GoPro zwar eine Drohne vorgestellt. Ob die in der Lage sein wird, zu einem zweiten Standbein für das Unternehmen zu werden, ist aber zweifelhaft. Denn GoPro repräsentiert hier nicht eine ganze Gattung, sondern trifft auf einen Markt, in dem andere längst Fuß gefasst haben.

Zu hohe Erwartungen

Eigentlich war es der Plan von GoPro, das Geschäft mithilfe von 360-Grad-Videos und mit dem Verkauf von Inhalten auszubauen, doch derjenige, der den Hut aufhaben sollte, hat es vorgezogen, das Unternehmen zu verlassen. Zander Lurie wechselte zu dem Unternehmen SurveyMonkey, das sein Geld in dem ebenfalls stark wachsenden Markt für Online-Umfragen verdient.

Dabei geht es GoPro nicht einmal wirklich schlecht. Der Umsatz soll im vierten Quartal 2015 bei immerhin 435 Millionen Dollar liegen. Es hatte sich bei den Investoren angesichts gigantischer Wachstumsraten in den vergangenen Jahren allerdings eine Erwartungshaltung aufgebaut, der die Firma nun nicht mehr gerecht werden konnte. Erwartet worden war ein Umsatz von knapp 511 Millionen Dollar.

Manche Analysten werfen GoPro auch Versäumnisse vor. "In den vergangenen 18 Monaten haben sie nur zwei neue Kameras auf den Markt gebracht und beide kamen nicht gut an", sagte etwa Andrew Uerkwitz, Analyst bei Oppenheimer & Co der Nachrichtenagentur Bloomberg. Außerdem sei die Software nicht erneuert worden. Die Firma, so Uerkwitz, zeige "deutliche Anzeichen eines One-Trick-Ponys" - eines Unternehmens also, das nur eines richtig gut kann und folglich in Schwierigkeiten kommt, wenn es damit nicht mehr so gut läuft wie früher.

Gut möglich, dass bald auch Fragen gestellt werden, wieso der GoPro-Chef zu den am besten verdienenden Managern des Landes gehört. Oder zumindest gehört hat. Das Aktienpaket im Wert von damals fast 300 Millionen Dollar, das er 2014 erhielt, ist heute unter 100 Millionen wert.

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