Google: Kampf gegen Facebook:Mann gegen Mann

Google-Gründer Larry Page wechselt an die Spitze des Unternehmens. Damit steigt er in den Ring gegen Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Es ist ein Kampf von Jugend gegen Jugend, Gründer gegen Gründer, Hirn gegen Hirn.

Hans von der Hagen

Der größte Triumph von Google war die Leere. Das Unternehmen hatte einen gigantischen Erfolg damit, weil es in seinen Anfängen mit Hilfe des Nichts einfach alles anders machte als die Konkurrenz.

Google wechselt Führungsspitze aus - auf Schmidt folgt Page

So fein kann Ironie sein: Das Foto, das Eric Schmidt in seinem Blog veröffentlicht hat, zeigt "Eric, Larry und Sergey", in bester Stimmung und zwar "heute aufgenommen" (gemeint ist der Donnerstag). Es ist also kein Bild aus glücklicher Vergangenheit. Schmidt steht hinter dem Auto, Larry Page (li.) und Sergey Brin sitzen im Wagen. Es ist ein "selbstfahrendes Fahrzeug".

(Foto: dpa)

Während Suchmaschinen wie Yahoo, Lycos, Excite oder Altavista ihre Seiten in ein blinkendes, ruckliges Chaos verwandelten, setze Google auf eine fast weiße Seite mit einem farbenfrohen Schriftzug. Diese Seite war das Gesicht des Unternehmens, sie machte Google cool.

Sie war so leer, dass sich die Welt fragte, wie Google eigentlich Geld verdienen könne - mittlerweile ist es eines der profitabelsten Unternehmen überhaupt. Es hat vorgemacht, wie elegant und schnell eine Firma mit guten Ideen aus sich selbst heraus wachsen kann.

Vordergründig steht also alles zum Besten bei Google. Und doch rumpelt es ganz oben. Eric Schmidt, den die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin vor rund zehn Jahren an die Spitze von Google setzten, soll im täglichen Geschäft nicht mehr mitmischen, sondern sich künftig als Chef des Verwaltungsrates um das große Ganze kümmern - Übernahmen, Kooperationen und dergleichen mehr. Das Tagesgeschäft hingegen erledigt nun Page persönlich.

Ist das eine Niederlage für Schmidt? Die Antwort heißt: Und wenn schon. Vor allem aber beweisen sowohl Schmidt als auch Page mit dem Schritt, dass Google ein geradezu frühreifes Unternehmen ist. Ein Ausstieg muss keine Niederlage sein, ein Klebenbleiben wäre es auf jeden Fall. Page und Brin hatten Schmidt als Aufpasser zu sich geholt, jetzt glauben sie selbst zu wissen, was zu tun ist. Die Aufsicht eines Erwachsenen, so twitterte es Schmidt kess, sei nun nicht mehr nötig.

Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Google Probleme hat, die zumindest den Ausstieg von Schmidt forciert haben. Da ist die Bürokratie, die Google schwerfällig gemacht hat und die zunehmend dichtere Hierarchie, die Ideen verkümmern lässt.

Da ist die missglückte Expansion in China. Sie wurde von Schmidt vorangetrieben, aber von dem noch in der einstigen Sowjetunion geborenen Brin mit Hinweis auf die starke Einflussnahme der Politik abgelehnt. Mittlerweile hat sich Google aus China weitgehend zurückgezogen.

Da ist der verheerende Imagewandel: Das einst so heiter daherkommende Google, das einen mit den beiden "oo" im Namen auf der Webseite einst fröhlich beäugte, wird längst als Datenkrake wahrgenommen, der mit Kameraaugen durch die Stadt stiert, den Blicken anderer aber wo immer es geht ausweicht.

Vor allem aber ist da Facebook - das Unternehmen, das Google die sicher geglaubte Vormachtstellung im Internet genommen hat. Es ist nicht lange her, da setzten viele das Internet mit Google gleich. Wer sich im Netz bewegte, nutzte Google als zentrale Anlaufstelle und ständigen Begleiter. Immerhin kennt Google jeden Winkel dieser Welt, findet den Weg zu jedem Ziel und weiß kraft seiner Algorithmen auch, was die Masse der Nutzer wichtig findet.

Google hatte einst selbst den "Browser" als Synonym für das Netz abgelöst, nun hat Google das Nachsehen. Internet - das ist jetzt Facebook. Facebook hat weit früher als die technikgläubigen Googlianer verstanden, dass in den sozialen Netzwerken ein enormes Potential steckt.

Darum raubt Facebook Google nun Einnahmen, Image, Nutzer - und sogar die eigenen Mitarbeiter, die sich offenbar gern von Mark Zuckerberg abwerben lassen. Es ist, als steige Page nun persönlich in den Ring gegen Facebook-Chef Zuckerberg. Jugend gegen Jugend, Gründer gegen Gründer, Hirn gegen Hirn - in diesem Kampf kann der kaufmännische Angestellte Schmidt nicht viel ausrichten.

Fraglich ist, ob Page es schafft. Der Mann, der einst Googles Öffentlichkeitsarbeitern gesagt haben soll, dass er nicht mehr als einen Arbeitstag im Jahr für Pressekonferenzen, Reden und Interviews opfern werde, scheint zwar perfekt für den Hintergrund zu sein, aber zu scheu für die Spitze.

Bisher haben Schmidt, Page und Brin ihre Entscheidungen gemeinsam getroffen, Schmidt hat dabei vor allem aufs Geld geachtet, Page auf die Produkte. Gerüchte über Spannungen zwischen den dreien, die das normale Maß übersteigen, werden so energisch zurückgewiesen, dass der Verdacht wächst, dass an ihnen etwas dran sein könnte. Öffentlich schwört sich aber das Triumvirat die Treue und dokumentiert es durch das Bild "von heute" mit "Eric, Larry und Sergey" zusammen mit einem selbstfahrenden Fahrzeug, dass offenbar keinerlei Aufsicht braucht.

Doch Page ist es nun, der die Antwort auf Facebook suchen will. Es droht ein einsamer Kampf zu werden. Aber mit der Leere hat Google ja gute Erfahrungen gemacht.

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