Google im Visier:Machtprobe

Googles Android-Handys auf dem Vormarsch

Nett sieht es aus, Googles Maskottchen für sein Mobil-Betriebssystem Android. Wenn es um die Konzerninteressen geht, ist Google nicht so nett.

(Foto: Christof Kerkmann/dpa)

Ärger mit ausländischen Wettbewerbshütern ist Google gewohnt. Doch nun wagt sogar eine Behörde aus der eigenen Heimat einen genaueren Blick. Aber traut sie sich dieses Mal, dem Konzern wirklich wehzutun?

Von Varinia Bernau

Die Frage, ob Monopole in der digitalen Welt gefährlicher sind als in der analogen, ist unter Ökonomen umstritten: Die einen glauben, dass Macht im Internet nur von kurzer Dauer sein kann, weil der Konkurrent nur einen Klick entfernt ist. Die anderen warnen, dass die Macht im Netz sogar schneller missbraucht wird. Aber diejenigen, die solche Monopole aufspüren, agieren nicht im luftleeren Raum. Sie prüfen, verhandeln oder sanktionieren in einem Land, in dem große Unternehmen auch wichtige Arbeitgeber und Anbieter sind - oder in einem, in dem die kleineren Konkurrenten aufholen wollen.

Deshalb ist der jetzige Schwenk der FTC, der wichtigsten Aufsichtsbehörde für die digitale Wirtschaft in Amerika, bemerkenswert. Die Kartellwächter knöpfen sich laut Bloomberg nun einen der mächtigsten Internetkonzerne erneut vor: Google. Die Untersuchungen, heißt es unter Berufung auf Insider, seien erst am Anfang. Noch ist unklar, ob die Behörde ein Verfahren einleitet. Aber dass die FTC überhaupt wieder einen Blick auf Google wirft, stimmt Wettbewerber zuversichtlich.

Im Januar 2013 war die FTC zu dem Schluss gekommen, dass der Suchmaschinenbetreiber die Ergebnisse nicht manipuliert habe - und stellte die Ermittlungen ein. Nicht wenige Beobachter meinten damals, dass es die Behörde nicht gewagt habe, sich mit einem Konzern anzulegen, der exzellente Drähte ins amerikanische Regierungsviertel hat.

Das 160 Seiten starke Gutachten, das erst in diesem Frühjahr publik wurde, scheint diese Sicht zu bestätigen. Darin ist nachzulesen, dass Google sehr wohl seine Position genutzt habe, um andere Internetfirmen unter Druck zu setzen. Zeigt die FTC nun mehr Mut? Nun, da es nicht mehr nur um Suchmaschinen geht, sondern um die Macht, die Google mit seinem Mobil-Betriebssystem Android erlangt hat?

Auf acht von zehn Smartphones läuft inzwischen das System von Google

Der Internetkonzern stellt Handyherstellern diese Software kostenlos zur Verfügung - und hat so dafür gesorgt, dass weltweit inzwischen acht von zehn Smartphones von Android angetrieben werden. Will ein Hersteller dazu auch Dienste von Google anbieten, etwa die Suchmaschine oder das Kartenmaterial, darf er sich diese nicht einzeln aussuchen, sondern muss ein Paket nehmen. Weil die meisten nutzen, was auf dem Smartphone bereits installiert ist, haben alternative Dienste wenig Aussicht auf Erfolg. Manche App-Anbieter, die etwa zum Schutz der Privatsphäre Suchanfragen anonymisieren, haben sich sogar darüber beschwert, dass Google ihre Dienste aus dem Google-eigenen digitalen Laden für Handy-Apps geworfen hat. Google macht fast 90 Prozent seines Umsatzes mit Werbung - und hat kaum Interesse daran, dass auf den Smartphones Apps laufen, die weniger Daten sammeln.

Weil sie in Washington immer weniger Gehör zu finden glaubten, haben einige von Googles Wettbewerbern ihren Klagen bei anderen Wettbewerbshütern angebracht - etwa in Brüssel. In dem Wettbewerbsverfahren, das die EU-Kommission im Frühjahr gegen Google eröffnet hat, geht es auch um die Frage, ob der Konzern Android nutzt, um unliebsame Rivalen auf Abstand zu halten. Russische Behörden halten dies bereits für erwiesen - und haben kürzlich eine Strafe verhängt.

Ist das Protektionismus oder beweisen die russischen und die europäischen Wettbewerbshüter mehr Mut im Umgang mit einem immer mächtigeren Konzern? Dass hiesige Unternehmen den hohen Datenschutz preisen, um Kunden dafür zu gewinnen, Daten auf ihren Servern zu lagern statt auf denen der amerikanischen Konkurrenten - das kann den amerikanischen Behörden jedenfalls ebenso wenig gefallen wie der in Europa verbreitete Eindruck, dass sie dem Treiben der Konzerne tatenlos zusehen. Da kann es also nicht schaden, mal ein wenig die Muskeln spielen zu lassen. Ob die FTC mehr macht, muss sie noch zeigen.

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