Google:Geschäfte in der Wolke

Diane Greene

Ein bisschen mulmig sei ihr schon, sagt Diane Greene. Sie packt noch einmal eine große Aufgabe an: Googles Cloud-Geschäft nach vorne bringen.

(Foto: Eric Risberg/AP)

Die Cloud: Hier schwächelt der sonst so dominante Google-Konzern. Die IT-Veteranin Diane Greene soll dieses Geschäft nun voranbringen.

Von Helmut Martin-Jung, Berlin

Was macht eigentlich Diane Greene? Seit die erfahrene IT-Managerin 2008 die von ihr mitgegründete Software-Firma VMware verlassen musste, hatte es immer wieder Gerüchte gegeben. Stellenanzeigen für Start-ups mit nicht näher bezeichneten Geschäftsideen tauchten in ihrem Umfeld auf und verschwanden wieder. Nun ist wenigstens andeutungsweise klar, was dahintersteckte: Der Internetkonzern Google hat Greenes Start-up Bebop gekauft. Mit Musik hat die Firma nichts zu tun - Bebop ist eine Stilart des Jazz -, aber ihre Expertise mag durchaus Musik in den Ohren von Google sein. Bebop soll dem Konzern dabei helfen, auf dem Wachstumsmarkt Cloud-Computing zu Konkurrenten wie Amazon und Microsoft aufzuschließen.

Denn bei aller Dominanz und Innovationskraft, die der in Alphabet umbenannte Konzern auf vielen Geschäftsfeldern ausstrahlt: Wenn es um Cloud-Dienste für Firmenkunden geht, hinkt Google der Konkurrenz bislang weit hinterher. Zwei Faktoren sollen dazu beitragen, dies zu ändern: Das Start-up Bebop, das Cloud-Anwendungen für Firmenkunden entwickelt. Und Diane Greene, die neue Leiterin des Cloud-Geschäftsbereichs wird, zu dem auch die Dienste Google Apps und Google for Work gehören.

"Mir war schon ein wenig mulmig dabei, noch einmal eine solche Verantwortung zu übernehmen", gestand die 60-Jährige der New York Times. Doch andererseits habe sie Googles Angebot auch gelockt. Dessen erstaunlich weit entwickelten Technologien bei Datenanalyse, maschinellem Lernen, Sprach- und Bilderkennung und Internetsuche hätten sie mehr und mehr beeindruckt. Wovon Diane Greene da spricht, weiß sie sehr genau. Denn die Unternehmerin geht in Mountain View, dem kalifornischen Hauptsitz von Google, schon länger ein und aus. Seit drei Jahren sitzt sie im Aufsichtsrat und wird dieses Amt auch behalten.

Der Preiskampf bei diesen Dienstleistungen wird sich verschärfen

Google-Chef Sundar Pichai hob in einer Botschaft im firmeneigenen Blog hervor, dass Google in seinen Rechenzentren die bei weitem höchste Speicher- und Rechenkapazität aller Wettbewerber habe. Pichai deutete dabei auch an, dass sich der Preiskampf unter den Cloud-Anbietern durch Googles Aktivitäten in diesem Sektor noch verschärfen werde. Und es ist ein interessanter, weil enorm wachsender Markt. "Nur ein kleiner Teil der Daten ist derzeit schon in der Cloud", schreibt der Inder Pichai, deshalb werde Google massiv in diesen Bereich investieren. Bisher war Google hauptsächlich im werbefinanzierten Endkundengeschäft erfolgreich, nach wie vor stammen 90 Prozent der Einnahmen aus Werbung. Schon länger überlegt man in Mountain View daher, wie man von dieser gefährlichen Abhängigkeit vom Anzeigengeschäft wegkommen könnte.

Diane Greene gehört zu den wenigen bekannten Managerinnen in der IT-Branche. Die ehemalige Windsurferin studierte in Vermont Maschinenbau, später am renommierten Massachusetts Institute of Technology Schiffbau und Informatik. Zusammen mit ihrem Mann Mendel Rosenblum und drei weiteren Experten gründete sie 1998 VMware, das erfolgreich Software im Bereich Virtualisierung entwickelte, wozu auch Cloud-Umgebungen gehören.

Dabei werden Daten in Rechenzentren gespeichert, aber auch ganze Programme dort ausgeführt. Die Ergebnisse lassen sich dann von internetfähigen Geräten abrufen. Die von VMware entwickelte Technik macht es möglich, auf einem physischen Computer in einem Rechenzentrum mehrere virtuelle Computer zu betreiben, die sich die vorhandenen Ressourcen teilen. Dies kann bei Bedarf auch dynamisch verändert werden. Ohne diese sogenannte Server-Virtualisierung ließen sich Rechenzentren bei weitem nicht so effektiv betreiben, wie es heute Standard ist.

Ein derart innovatives Unternehmen ist natürlich ein potenzieller Übernahmekandidat. 2003 schlug der Speichergigant EMC zu, der VMware 2007 auch an die Börse brachte. Mit EMC-Chef Joseph M. Tucci fand Greene jedoch keinen gemeinsamen Nenner. Als die Geschäfte bei VMware nach einigen Jahren nicht mehr so gut liefen, wurde sie 2008 als Geschäftsführerin entlassen. Der Aktienkurs vom VMware brach daraufhin um ein Viertel ein.

Im Geheimen arbeitete Diane Greene seit längerem an Plänen für eine Firma, die Entwicklungswerkzeuge für Cloud-Anwendungen herstellt - sozusagen Baukästen für Programme, wie sie auch die Konkurrenz von Microsoft oder Salesforce anbietet. Diese Baukastenlösungen sollen künftig Firmenkunden langfristig an Google binden.

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