Google, Facebook und Amazon:Brecht die Macht der Internetkonzerne!

Facebook Announces Quarterly Earnings

Facebook-Hauptsitz im kalifornischen Menlo Park: Das Unternehmen kontrolliert in den USA 75 Prozent der mobilen Kommunikation.

(Foto: AFP)

Google, Facebook oder Amazon sind zu groß geworden. Alles schreit danach, ihre Monopole aufzulösen.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Ein soziales Netzwerk, das weiß heute jeder Knirps, ist umso nützlicher, je mehr Menschen es miteinander verbindet. Gewiss, es hätte auch Charme, könnte man unter vielen Anbietern wählen. Aber was nutzt es der Clique oder der Schulklasse, wenn am Ende jeder Einzelne woanders ein Konto hat? Wenn sich die vielen Schnüre nicht miteinander verweben, sondern lose umher baumeln? Dasselbe gilt für Suchmaschinen, für Reise-, Verkehrs- und viele andere Apps: Je mehr Teilnehmer, desto besser das Ergebnis.

Dass Facebook in den USA die mobilen Kommunikationsdienste zu 75 und Google den Suchmaschinenmarkt zu 90 Prozent kontrolliert, ist neben cleverem Marketing also auch dem rationalen Verhalten der Nutzer geschuldet. Zwar sehen viele durchaus die Gefahr, die mit der wachsenden Dominanz einiger weniger Tech-Riesen einhergeht. Die meisten aber verschließen die Augen vor dem schleichenden Verlust der Privatsphäre, andere glauben, auf die Dienste von Facebook, Google und Amazon schlicht nicht verzichten zu können. Selbst mancher Kartellrechtler streicht die Segel: Groß, so heißt es oft achselzuckend, ist in diesem Fall gut.

Nein, groß ist nicht gut - gerade in diesem Fall nicht. Denn auch wenn sich die heute entstehenden Monopole in der US-Wirtschaft sicher von den Öl- und Eisenbahn-Imperien früherer Dekaden unterscheiden: Die grundlegenden Probleme sind die gleichen. Monopole hemmen die Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft, weil die Konzerne mangels Konkurrenz nicht mehr kreativ sein müssen. Sie vermindern die Produktqualität, führen zu mehr Ungleichheit, befördern Lohndumping und dünnen durch die Übernahme aufmüpfiger Lokalanbieter das Job-Angebot in ganzen Regionen aus. Vor allem aber treibt die Konzentration von Marktmacht die Preise in die Höhe.

Viele werfen an dieser Stelle ein, exakt das sei ja heute nicht mehr der Fall. Klar, Google und Facebook bieten viele Produkte kostenlos an. Auch Amazon verschiebt das Preisniveau im Versandhandel eher nach unten. Doch kann sich nur zurücklehnen, wer die Kosten der Nutzer nur in Dollar bemisst. Tatsächlich zahlen die Kunden mit der Gratis-Vergabe ihrer intimsten Daten einen viel höheren Preis, als die Rockefellers und Vanderbilts einst für ihre Monopol-Dienste verlangten.

Mark Zuckerberg, Jeff Bezos und Larry Page haben den Vorzug, dass sie lässiger daherkommen als die alten Öl- und Bahnbarone. Doch das täuscht: Die Chefs von Facebook, Amazon und der Google-Mutter Alphabet mögen zwar für die Homo-Ehe eintreten, ökonomisch gesehen aber sind sie Radikalkapitalisten. Am Allgemeinwohl liegt ihnen nur, solange es der Gewinnmaximierung nicht im Weg steht. Wer etwa die Gratis-Datensammelei begrenzt oder die Firmen gar zwingt, Steuern zu zahlen, lernt schnell die andere Seite der Turnschuh-Rockefellers kennen.

Alles schreit danach, die Macht der Monopole zu brechen. Das gilt umso mehr, als ihr Einfluss längst über die Wirtschaft hinausgeht und ganze Gesellschaften verändert. Nicht nur, dass die Bosse um des Profits willen Diktatoren hätscheln und Zensur tolerieren. Wie die US-Wahl bewiesen hat, stellen sie ihre Plattformen auch für demokratiefeindliche Ränkespiele ausländischer Potentaten zur Verfügung.

Zuckerberg führt den größten Medienkonzern des 21. Jahrhunderts

Ein Weg, Facebook, Google und Amazon auf Normalmaß zu stutzen, wäre ihre Aufspaltung. Das ist keine Utopie, die US-Behörden zerschlugen einst auch Rockefellers Konzern Standard Oil und den Telefongiganten AT&T. Wem das zu brachial ist, der muss sich auf andere Instrumente der Wettbewerbskontrolle besinnen. Facebook und die Google-Tochter YouTube etwa könnten für die Verbreitung strafbarer Inhalte haftbar gemacht werden. Zuckerberg nämlich tut immer noch so, als stelle er nur eine Plattform für Drittanbieter bereit - in Wahrheit aber führt er den größten Medienkonzern des 21. Jahrhunderts. Schaffen es die Firmen nicht, gesetzeswidrige Inhalte wirksam herauszufiltern, muss das der Staat tun und ihnen die Rechnung schicken. Auch bei Kinofilmen gibt es ja schließlich eine Kontrolle.

Den Firmen sollte zudem das Sammeln solcher Daten verboten werden, die es erlauben, ganze Persönlichkeits- oder Bewegungsprofile der Nutzer zu erstellen. Auch muss ihnen der Zugang zu Bankgeschäftsdaten verwehrt werden. Denkbar ist zudem, die Firmen zu zwingen, ihre Netzwerke für Drittanbieter zu öffnen und die Informationen über einzelne Nutzer auf Antrag zu löschen. Auch könnte das Datensammeln besteuert werden. Nichts von all dem ist neu im Kartellrecht. Jemand muss nur die alten Lehrbücher wieder aus dem Schrank holen.

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