Google:Der ständige Überwacher

Auch wenn die Standortdienste ausgeschaltet sind, weiß Google, wo sich der Nutzer und sein Smartphone aufhalten. Die Daten sammelt der Konzern über einen Dienst, der unter anderem das Empfangen der Push-Benachrichtigungen ermöglicht.

Von Marvin Strathmann, Hamburg

Das GPS ist ausgeschaltet. Apps mit Zugriff auf den Standort sind nicht installiert, Androids Positionserkennung deaktiviert. Noch nicht einmal eine Sim-Karte steckt drin. Eigentlich sollte niemand ein solches Smartphone orten können. Wer aber ein Android-Gerät besitzt und mit dem Internet verbunden ist, hat Pech: Google weiß dennoch recht genau, wo der Handy-Besitzer sich befindet. Seit Anfang des Jahres sammelt das Unternehmen Daten darüber, welche Mobilfunkmasten in der Nähe des Smartphones stehen. Das berichtet das amerikanische Nachrichtenportal Quartz. Google kann anhand der Funkzellendaten oder des Wlan-Netzwerkes ungefähr schlussfolgern, wo sich Android-Nutzer aufhalten. Loggt sich das Smartphone bei mehreren Mobilfunkmasten ein, ist das Unternehmen in der Lage, die Position der Nutzer annähernd exakt zu bestimmen.

Google sammelt die Daten über einen Dienst, der unter anderem das Empfangen von Push-Benachrichtigungen ermöglicht. Diese Funktion ist auf allen modernen Android-Geräten vorinstalliert. Vermutlich sind also Hunderte Millionen Android-Nutzer betroffen. Aus den Daten könnte Google umfangreiche Bewegungsprofile erstellen. Diese Informationen sind höchst sensibel, denn wer weiß, wann sich Menschen wo aufhalten, kann daraus Interessen oder Gewohnheiten ablesen und Persönlichkeitsprofile erstellen. Die betroffenen Android-Nutzer erfahren nicht, dass ihre Aufenthaltsorte erfasst werden. Und selbst wenn sie es wüssten, könnten sie kaum etwas dagegen tun. Wer alle Standortdienste von Android ausschaltet, übermittelt seine Position trotzdem.

Mit den Informationen habe Google unter anderem Push-Nachrichten verbessern wollen, teilt ein Sprecher mit. Wie genau Standortdaten dabei helfen sollen, konnte das Unternehmen auf Anfrage nicht sagen. Google sagt, dass sie die Daten nie verwendet hätten. Andere Android-Apps seien nicht in der Lage gewesen, darauf zuzugreifen. Angeblich wurden die sensiblen Daten sofort gelöscht. Trotzdem hat Google ein Update in Aussicht gestellt, dass die Datensammelei stoppen soll. Ab Ende November würden dann keine Funkzellendaten mehr erfasst.

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