Google:Assistenz für Alltagssorgen

Inside The Google I/O Developers Conference

Auf der Suche nach der Zukunft: Besucher auf Googles Entwicklerkonferenz in San Francisco.

(Foto: David Paul Morris/Bloomberg)

Das Smartphone ist nicht mehr genug: In Zukunft kriecht das Internet auch in Thermostate. Wie der Internetriese Google sich dafür rüstet.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Google, der mächtige Internetkonzern, schrumpft im Moscone Center von San Francisco auf Miniatur-Größe: Freundliche Androide und bunte Sitzklötze - auf ihrer Entwicklerkonferenz Google I/O stilisiert sich die Firma als Anlaufstelle für verspielte Bastler. Wie mächtig Google noch ist, darüber rätseln sie in der Firmenzentrale in Mountain View selbst. Eine gesunde Paranoia sei das, heißt es, und notwendig, angesichts des nochmals beschleunigten Tempos, mit der sich die Branche neu erfindet.

Produktzar Sundar Pichai, inzwischen der mächtigste Mann nach Konzernchef Larry Page, geht in seinen Ankündigungen vor Tausenden von Entwicklern deshalb weiter als bisher: "Android jenseits von Mobile", kündigt er an. Was er und sein Team in den folgenden zweieinhalb Stunden vorstellen, gibt einen Eindruck davon, was Google sein möchte: Das Betriebssystem der vernetzten Welt.

Es ist der bislang ernsthafteste Einstieg ins Geschäft mit dem "Internet der Dinge". Mit Nest, einem Entwickler von Thermostaten und Rauchmeldern, hat sich das Unternehmen vor eineinhalb Jahren bereits einen umworbenen Gerätehersteller geangelt, nun hat es die Architektur drum herum gebaut: Brillo heißt das Betriebssystem für vernetzte Geräte, das die Geräte aus dem Haushalt, mit dem Internet und natürlich dem Smartphone verbindet. Google setzt einen so Standard, den alle Hersteller nutzen können - und erhofft sich damit einen Vorteil gegenüber Konkurrenten wie Apple in der vernetzten Welt. In den vergangenen zwei Jahren hat Google aus aller Welt kluge Köpfe für Grundlagenforschung und Produktentwicklung von selbstlernenden Maschinen angeworben. So will der Konzern zum praktischen Assistenten für alle Alltagssorgen werden.

Der persönliche Android-Assistent Google Now versteht den Inhalt von E-Mails inzwischen so gut, dass er bei der Erwähnung eines Films mit nur einem Druck auf den Home-Knopf sofort Hintergrund-Informationen über den Streifen anzeigt. Der Nutzer muss nicht einmal sagen, was er möchte. Dass diese Automatisierungen nur mit äußerst detailliertem Wissen über den Nutzer möglich sind und wir für die perfekte Google-Versorgung absehbar mit noch intimeren Daten als bislang bezahlen, versteht sich von selbst.

Zugleich ist eine Welt vorstellbar, in der das "System Google" auch ohne Smartphones funktioniert - weil es ohnehin komplett in die vernetzte Umgebung eingewoben ist. Bislang ist es noch nicht so weit, weshalb Google sein mobiles Betriebssystem Android mit der nächsten Version, schlicht "M" genannt, ein Update verpasst. Viel erinnert dabei an das aktuelle mobile Betriebssystem von Apple: Nutzer können - endlich - die ausufernden Zugriffe von Apps auf unnötige Daten wie Kontaktlisten eindämmen und die einzelnen Freigaben jederzeit abschalten.

Ein Fingerabdruck-Sensor soll nun auch bei Android das Passwort ersetzen und Bezahlungen mit Google Pay, das wie Apples Bezahlsystem funktioniert, ermöglichen. Für den digitalen Anzeigenverkäufer Google, der bereits mit "Wallet" erfolglos ein System zum Bezahlen per Smartphone einführen wollte, können Informationen über Einkaufsgewohnheiten nützliche Informationen darüber liefern, wo eigentlich eine Annonce im Netz am besten platziert ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: