GM-Chefin Barra in Rüsselsheim:Habt keine Angst!

Neue GM-Chefin Barra besucht Opel

"Sie ist überragend", sagt ihr Vorgänger Dan Akerson über sie: GM-Chefin Mary Barra zum Antrittsbesuch in Rüsselsheim

(Foto: dpa)

In den vergangenen Jahren ist viel kaputt gegangen zwischen Opel und der amerikanischen Mutter, General Motors. Nun hat sich die neue GM-Chefin Mary Barra in Rüsselsheim vorgestellt - und frohe Kunde mitgebracht.

Von Thomas Fromm, Rüsselsheim

Sie sagt nicht viel, aber darum geht es auch nicht. Nur ein paar Minuten, ein paar Sätze, aber die sollen hängen bleiben. Mary Barra,neue General-Motors-Chefin und damit auch Herrin über Opel, war um sieben Uhr in der Früh aus Detroit gekommen, hat sich das Rüsselsheimer Werk angeschaut, und jetzt steht sie hier in der Eingangshalle des Adam-Opel-Hauses in Rüsselsheim.

"Opel ist eindeutig ein lebenswichtiger Teil unseres Unternehmens", sagt sie. Leise, unaufgeregt. So wie sie es sagt, klingt es nicht wie ein politisches Statement, eher wie eine Binsenweisheit. Die Mitarbeiter, die aus ihren Büros gekommen sind und jetzt an den Geländern ihrer Stockwerke stehen, hören und sehen genau hin. Eine GM-Chefin im Foyer mittags um halb eins, das hat es hier auch noch nicht gegeben. Und eindeutig lebenswichtig, nun ja, das war ja nicht immer so. Vor fünf Jahren wollte GM Opel verkaufen, dann wieder nicht, am Ende ging das Management mit der Sense über Belegschaft und Fabriken.

Insofern ist es kein Zufall, dass Mary Barras erste Auslandsreise als GM-Chefin ausgerechnet nach Rüsselsheim führt. Es ist viel kaputt gegangen in den vergangenen Jahren zwischen den Deutschen und ihrer amerikanischen Mutter, und die 52-jährige Barra ist gekommen, um eine Botschaft zu bringen:

Ich bin hier. Ihr braucht jetzt keine Angst mehr zu haben.

"Sie ist überragend", sagt Vorgänger Akerson über sie

Angst hatten sie oft bei Opel, aber diese Angst hatte mit Mary Barra, der Neuen, nichts zu tun. Es hilft ihr heute, dass ihr Vorgänger Dan Akerson in den vergangenen Jahren die Vorarbeit gemacht hat. Man könnte auch sagen: die unangenehme, die dreckige Arbeit.

2009 war GM am Ende, eine Blitzinsolvenz mit Milliardenhilfen aus Washington half dem Konzern wieder auf die Beine. Dann kam Akerson, fegte durch Fabriken und Büros und sanierte hart. Auch die Tochter Opel bekam die Hand des Managers zu spüren - so fällt auch der Schließungsbeschluss für das Bochumer Opel-Werk in seine Zeit. Jetzt macht GM wieder satte Gewinne, und wenn die Welt nicht einstürzt, sagen Branchenexperten, brauche Barra im Grunde einfach nur da weitermachen, wo Akerson aufgehört hat. Es ist einfacher, sympathisch zu sein, wenn man nicht gleich sofort Leute rausschmeißen muss.

Wenn der Plan aufgeht, könnten die Rüsselsheimer in ein bis zwei Jahren wieder Gewinne machen. Vier Milliarden Euro will General Motors in den nächsten vier Jahren in Opel investieren, und die neue Chefin kündigt Neuigkeiten an, die man hier gerne hört: Das Rüsselsheimer Werk, in dem zurzeit das Flaggschiff Insignia gebaut wird und im nächsten Jahr auch der Zafira, soll ein zusätzliches neues Modell bekommen. "Sie können sicher sein, dass dies Hand in Hand gehen wird mit zusätzlichen Investitionen in Deutschland", sagt Barra. Für die Rüsselsheimer ist das eine Bestandsgarantie für ihr Werk. Und damit erst einmal auch für ihre Jobs.

Bevor sie hierher kam, hat ihr Vorgänger Dan Akerson ihr noch ein paar Lorbeerkränze geflochten. "Sie ist überragend", sagte er vor ein paar Tagen dem Handelsblatt. Barra - eine Frau, die "schwierige Entscheidungen treffen und Druck aushalten" könne. Dass sich ein Manager so ausführlich und positiv über seinen Nachfolger auslässt, passiert selten. Es ist schön, wenn man gelobt wird. Nur - wenn jemand wie Akerson einen "überragend" findet, dann muss man damit leben. Denn die Sache mit dem Druck, die wird erst noch kommen.

Langfristig und nachhaltig die Nummer eins werden - das ist ihr Auftrag

Eines der Hauptprobleme, immer noch: GM baut seine fast zehn Millionen Autos im Jahr meist weniger effizient als andere, zum Beispiel Volkswagen. Die Konkurrenz schaut intensiv auf den Wolfsburger Meister der Baukastenstrategie und Gleichteiltaktik und wundert sich, wie das geht. Im Dreierkampf mit VW und Toyota langfristig und nachhaltig die Nummer eins werden - das ist Barras Auftrag. Auch deshalb soll der GM-Präsident Daniel Ammann, 41, jetzt neuer Aufsichtsratsvorsitzender von Opel werden: Barra, Ammann und Opel-Chef Karl-Thomas Neumann - es sind diese drei Manager, von denen die Zukunft Opels jetzt abhängt.

Dabei wird es nicht nur darum gehen, darauf zu achten, dass Opel nicht wieder zurückfällt. Mary Barra wird mehr verlangen - und die Deutschen noch mehr auf Effizienz und Profitabilität trimmen. Jetzt gibt es ein neues Modell für Rüsselsheim - es könnte aber irgendwann auch genau anders herum laufen, wenn es sich anbietet. Akerson sagt über seine Nachfolgerin, dass sie "tough" sei - nettes Aussehen, hart im Kern. So etwas sagt man nicht einfach so.

Ein paar Stühle neben ihr in der ersten Reihe sitzt an diesem Tag Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug. Später, nach ihrer kurzen Rede, wird sie zu ihm gehen und seine Hand schütteln. Auch das ist ein Signal an diesem Tag: Mary Barra weiß, welche Macht so ein Betriebsratschef im deutschen Mitbestimmungssystem hat. Man sieht sich ja öfter im Leben. Vor allem dann, wenn die eine Chefin von General Motors und der andere Opel-Gesamtbetriebsratschef ist.

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