GLS Bank:Andersartigkeit, die kostet

Die GLS-Bank beansprucht trotz Niedrigzinsen für sich, sozial, nachhaltig und transparent zu wirtschaften. Damit begründet der Chef nun eine Jahresgebühr für alle Kunden.

Von Caspar Dohmen, Bochum

Der niederländische Koch Wam Kat organisiert vor allem bei politischen Aktionen gemeinschaftliches Essen. Wenn er also mit Hunderten Teilnehmern der Generalversammlung der GLS Bank Gemüse schnippelt, wird die Andersartigkeit dieses Instituts doch recht sichtbar: Es beansprucht für sich mit seiner Art des Geldgeschäfts die Welt ein Stück sozialer und ökologischer zu gestalten.

Nach dem Kochen müssen sich aber auch die Genossen mit der trockenen Kost der Betriebswirtschaft beschäftigen und die Frage beantworten, was ihnen die Andersartigkeit ihrer Bank eigentlich wert ist. Der Vorstand will mit ihnen über wegweisende Änderungen diskutieren, die auch dazu führen sollen, dass Kunden mehr zahlen müssen; es geht um höhere Gebühren, andere Kontomodelle und vor allem einen Jahresbeitrag von 60 Euro, den jeder Kunde von 2017 an zahlen soll. Weil die Pauschal-Gebühr eine Premiere bei einer Bank wäre, schauen andere Institute sehr genau nach Bochum.

Bankchef Thomas Jorberg begründet den Schritt: "Wir sind kein rein ideeller Ort und können unsere Leistungen nur erbringen, wenn die Kunden dafür auch etwas zahlen." Er schildert die schwierige Gemengelage von Banken: Niedrigzinsen, steigende Kosten für Regulierung und hohe Aufwendungen für Technologie. Für sein Haus warnt er: "Wenn wir nicht handeln, haben wir in fünf Jahren große Probleme".

Tatsächlich ist das Bankensterben in vollem Gang, seit dem Jahr 2000 sank deren Zahl laut Bundesbank um ein Drittel, vor allem durch Fusionen. Es sei schwierig, Leuten die Lage der Banken zu erklären, sagt Jorberg: "Viele Kunden sagen, mein Gott, jetzt kriegen wir nicht einmal Zinsen, das ist doch ein Riesengewinn für euch als Bank. Aber der Kreditzins ist schneller gesunken als der Einlagenzins und der Einlagenzins ist de facto bei Null gestoppt." Verlangten Banken Negativzinsen, könnten Kunden schließlich ihr Geld abheben und wegschließen. Ist der Beitrag also ein Trick, um als Bank zu vermeiden, den Privatkunden negative Zinsen abzuknöpfen? "Das sehe ich anders", sagt Jorberg, der Beitrag sei ein Entgelt für besondere Leistungen. Er verweist auf den Aufwand für das nachhaltige Geldgeschäft, die Transparenz, mehr als 300 Veranstaltungen jährlich oder das kostenlose Magazin. Deutschlands größte Alternativbank ist jedoch bereits vergleichsweise teuer, bei einem Gebührentest des WDR schnitt sie kürzlich von 25 Banken am schlechtesten ab.

Jetzt müssen die Genossen entscheiden, ob Kunden künftig ordentlich drauf zahlen

Dass die GLS Bank zu einer der ersten gehört, die drastische Konsequenzen aus der Marktmisere zieht, hat auch etwas mit ihrer Geschichte zu tun. 1974 von sozial und ökologisch engagierten Nicht-Bankern gegründet, hat sie anfangs vieles radikal anders gemacht und eben auch keine Rücklagen gebildet, um besondere Projekte verwirklichen zu können. Geld für Krisen legte die Bank erst Anfang der 2000er-Jahre zurück. Sie verfüge heute über eine "gute Ausstattung an Eigenkapital und Rücklagen, mit der wir Ausfälle ab puffern können", sagt Jorberg. "Es gibt keinerlei Not, aber wir wollen die Bank zukunftstauglich machen und es wäre verantwortungslos, dies nicht in Angriff zu nehmen, solange es uns gut geht." Andere Genossenschaftsbanken verfügen aufgrund ihrer längeren Geschichte oft über vergleichsweise höhere Rücklagen. Bankenprofessor Stephan Paul kann sich dennoch gut vorstellen, "dass andere Anbieter dem GLS-Vorbild folgen werden". Die Bank will bis 2018 auch ein Viertel weniger ausgeben als 2014.

Die Niedrigzinsen bieten für soziale und ökologische Betriebe auch eine Chance, weil sie weniger für Kredite zahlen müssen. "Das befördert die gesellschaftliche Entwicklung, die ja gerade das satzungsgemäße Ziel unserer Bank ist", sagt Jorberg. Auch die Privatkunden sollen noch mehr von den niedrigen Zinsen profitieren. Deswegen sollen sie bei der GLS Bank künftig gar keine Dispozinsen mehr zahlen, wie es etwa die Skatbank bereits vormacht. Die GLS entwickelt zudem eine Plattform für Crowdinvesting, auf der sich Kunden an Zukunftsprojekten beteiligen können, etwa in erneuerbaren Energien oder sozialen Unternehmen. Außerdem sollen Kunden einen eigenen Berater erhalten können, sodass bei Anrufen immer dieselbe Person Rat gibt. Wer den Service in Anspruch nehmen will, muss sich jedoch für ein neues Konto entscheiden, das mit 14,50 Euro monatlich fast das Vierfache des gewöhnliche Kontos kosten soll. Zwei Jahre hat die Bank getüftelt, jetzt sind die 44 000 Mitglieder gefragt. Nur wenn bei einer weiteren, für den Herbst geplanten außerordentlichen Hauptversammlung drei Viertel zustimmen, kann die Bank den Pauschal-Beitrag verwirklichen. Einfach so nicken die Genossen nichts ab, erst vor zwei Jahren haben sie - gegen Vorstand und Aufsichtsrat - die Anhebung der Altersgrenze für Aufsichtsräte abgelehnt.

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