Glencore:Goliath gegen David

Wie der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore eine deutsche Nichtregierungsorganisation einschüchtert.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Große Konzerne sind längst geübt im Umgang mit Nichtregierungsorganisation. In der Regel bittet man die Kritiker höflich zum Gespräch, um die zuweilen sogar als "wertvoll" eingestuften Vorwürfe zu diskutieren. Dass große Unternehmen aber auch anders können, zeigt nun der Fall Glencore: Die deutsche Nichtregierungsorganisation Facing Finance hatte Mitte Mai eine Pressemitteilung mit Vorwürfen gegen den Schweizer Rohstoffkonzern veröffentlicht und erhielt daraufhin sogleich Post von Glencore: Mit Verweis auf das Schweizer Wettbewerbsgesetze, so hieß es in dem Schreiben, solle die Pressemitteilung unverzüglich gelöscht werden. Die Vorwürfe seien "geeignet, unserem Unternehmen ganz erheblichen Schaden zuzufügen, für den Sie aufzukommen hätten".

Anstoß nimmt der umstrittene Konzern vor allem an einer Art Boykott-Aufruf der Organisation. Facing Finance hatte an mehrere deutsche Banken appelliert, Konzerne, denen Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsgefährdung, Korruption und Steuervermeidung vorgeworfen beziehungsweise nachgewiesen werden, weder zu finanzieren noch sich an diesen zu beteiligen. Facing Finance verweist dazu unter anderem auf Nachhaltigkeitsbewertungen diverser Ratingagenturen. Diese enthielten zahlreiche Vorwürfe gegen Glencore, die Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung, Gesundheitsgefährdung und Korruption einschlössen. In Südamerika zum Beispiel liefen eine Vielzahl von Gerichtsverfahren gegen Glencores Minenprojekte. Außerdem seien etwa rechtskräftige Verurteilungen wegen Bestechung eines ehemaligen Botschafters des Tschad und eines EU-Beamten dokumentiert.

Der Aufforderung von Glencore sei man jedoch trotzdem notgedrungen nachgekommen. "Als gemeinnützige Nichtregierungsorganisation können wir uns schlicht keinen langwierigen und teuren Prozess mit Glencore leisten", sagt Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand von Facing Finance.

Ein Glencore-Sprecher bekräftigte, der Bericht enthalte pauschale und unbelegte Vorwürfe, die man bereits adressiert habe. "Wir befürworten offene Kommunikation, Transparenz und Dialog und sind einem konstruktiven Engagement verschrieben." Außerdem begrüße man die Möglichkeit, die Organisation in den nächsten Wochen zu treffen.

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