Glasböden:Leuchte mir den Weg

Glasböden: Ein Glasboden aus Bayern hier in einem Firmengebäude in Irland.

Ein Glasboden aus Bayern hier in einem Firmengebäude in Irland.

(Foto: Christof Babinsky)

Illuminierte Böden aus Glas, auf denen man sogar Sport treiben kann - eine bayerische Firma stattet Sporthallen ebenso aus wie repräsentative Firmensitze. Ihr Clou aber ist die Digital-Technik.

Von Elisabeth Dostert

Christof Babinsky, 31, hat es eilig. Es hält ihn nicht lange auf der Tribüne der Mehrzweckhalle der Privatschule Schloss Stein an der Traun. Also runter in die Halle, den Basketball unterm Arm. Der Boden schimmert matt grün, die Markierungen des Spielfeldes leuchten blau. Babinsky läuft zu einer holzverkleideten Wand, in der ein Display steckt. Er drückt ein paar Symbole auf dem Bildschirm. Die blauen Linien auf dem Feld wechseln, die Linien markieren jetzt ein Badminton-Feld. "Wir können alle Sportarten", sagt Babinsky: "Damit hört das Wirrwarr der Linien auf den Spielfeldern endlich auf."

Der Belag ist nicht, wie in vielen Sporthallen üblich, aus Kunststoff oder Holz, sondern aus Glas. Das System hat Babinskys Firma, die Systembau Horst Babinsky GmbH entwickelt, sie hat ihren Sitz wie die Schule in Stein in Oberbayern. "Gegen Glas gibt es viele Vorurteile", sagt Babinsky: "Es gilt als starr, brüchig, rutschig und durchsichtig. Wir haben alle Vorurteile widerlegt." Zum ersten Mal hat er vor neun Jahren an der Schule in Stein eine Mehrzweckhalle mit diesem Boden ausgestattet. Sie ist mittlerweile zum Vorführraum für das System geworden. Videos wurden in der Halle gedreht. Der Sportartikelhersteller Nike schickte ein Team aus den USA.

Die Unterkonstruktion des Bodensystem besteht aus Aluminium. In Schienen verlaufen Leuchtdioden (LED), die die unterschiedlichen Spielfelder markieren. Das Spielfläche besteht aus bis zu zwei mal drei Meter großen Paneelen, die wiederum aus je zwei Scheiben Sicherheitsglas bestehen, verbunden mit einer transparenten Folie. Die Unterseite des Glases ist bedruckt, die Oberfläche geätzt und mit Keramikpunkten versehen. "Von der Größe der Keramikpunkte hängt der Grip ab", erklärt Babinsky: "Je größer der Punkt, desto abrupter kann ein Sportler stoppen. Profis mögen größere Punkte."

Sein Vater, Horst Babinsky, 79, hat die Firma gegründet. Sie musste sich ein paar Mal wandeln. Der Senior ist Werbefachmann. Anfang der 60er-Jahre stieß er auf eine Firma, die ihm zufolge die erste Vorhangschiene aus Kunststoff herstellte. Babinsky übernahm den Vertrieb für Bayern. Als der Erfinder der Vorhangschiene sein Patent an ein Industrieunternehmen verkaufte, war Babinsky den Vertrieb los. Er entdeckte Gipskarton für sich, gründete 1965 die Trockenausbau KG und wurde Lizenznehmer für das Aluminium-Bausystem Trelement. Auch dieses Geschäft verlor Horst Babinsky durch eine Übernahme. Gemeinsam mit dem Trelement-Erfinder Hardy Rensch entwickelte er dann ein eigenes Alu-Bausystem. Aus dem Begriff Aluminium Structure Building leitet sich der Markenname ASB ab.

Innerhalb weniger Jahre entstanden in Fertigbauweise einige Dutzend Kindergärten, Raststätten und Büros, aber auch Häuser in Nigeria und Abu Dhabi und ein Gästehaus für Prinz Feisal in der saudi-arabischen Wüste. Der Boom zumindest in Deutschland endete Mitte der 70er-Jahre mit Inkrafttreten der neuen Brandschutzverordnung. "Durch den Brandschutz wurde die ASB-Technik im zweigeschossigen Bau zu teuer", erklärt Horst Babinsky.

Ein Bekannter riet ihm, Squashcourts aus Fertigteilen zu bauen. Inzwischen gibt es auch welche aus Glas. Die Wände lassen sich verschieben, damit die Courts auch für andere Sportarten genutzt werden können. Mehr als 7000 Anlagen habe ASB bis heute verkauft und sieht sich damit als Weltmarktführer.

Die Firma will sich ganz auf Glas und Digitales konzentrieren

Die Firma gibt es noch, weil Horst Babinsky sie immer wieder den neuen Marktverhältnissen angepasst hat. Sein Sohn Christof, der seit Sommer 2012 die Geschäfte führt, redet lieber über "Disruption", so wie es Start-ups tun, jene Gründer, die antreten, um einen Markt zu revolutionieren. Das will Christof Babinsky mit seinen Glasböden auch. Das Geschäft mit den konventionellen Squashcourts aus Spanplatten außerhalb des deutschsprachigen Raums hat er an eine Partnerfirma in Tschechien lizenziert. In der Folge sind auch die Erlöse auf rund sieben Millionen Euro gesunken. Babinsky will sich ganz Glas und digitalen Produkte widmen.

Die Mitarbeiterzahl schwankt mit der Auftragslage, die Firma plant und baut die Böden auf. Die Komponenten - Glas, Alu-Konstruktion und Druck - wurden mit Zuliefern entwickelt, die Glaspaneele etwa kommen vom französischen Industriekonzern Saint-Gobain. Fest beschäftigt der Mittelständler rund ein Dutzend Mitarbeiter. Mit dem Generationswechsel hat die Beteiligungsfirma Abacus Alpha 49 Prozent an der Systembau Horst Babinsky GmbH mit den Marken ASB Glassfloor und ASB Squash übernommen, die Mehrheit gehört Christof Babinsky. Die Revolution ist nicht leicht. Der Markt für Sportböden sei ultrakonservativ, sagt Babinsky. Das liegt auch daran, dass viele Hallen Kommunen gehören. In den Ausschreibungen spiele der Preis eine wichtige Rolle. Seine Glasböden sind nach Angaben von Babinsky mit etwa 500 Euro pro Quadratmeter zwei- bis dreimal so teuer wie Holz oder Kunststoff.

Mittlerweile habe die Systembau weltweit gut 50 Glasböden ausgelegt. Zu den Kunden zählen die Betreiber von Hallen, aber auch an Unternehmen und Privatpersonen, darunter auch Prominente. Viele Namen darf Babinsky nicht nennen. Eines der größten Felder besitzt mit 2000 Quadratmeter die Ballsportarena Dresden. Man sei mit der "technischen Funktionalität, den optischen Eindrücken und den flexiblen Nutzungsmöglichkeiten für Konzerte, Sportveranstaltungen und Events sehr zufrieden", sagt Frank Lösche, Geschäftsführer der Ballsportarena. "Mittlerweile kann der Glasboden viel mehr", sagt Christof Babinsky. Er kann wie eine Videowand genutzt werden. In den Spielpausen könnte dann auf der Spielfläche Werbung geschaltet werden. Babinsky peilt neue Kunden an. Er denkt immer groß, wie sein Vater. Der Modedesigner Philipp Plein hat fünf seiner Läden mit dem Boden ausgestattet.

Für den US-Konzern Dell hat die Systembau einen Würfel aus Glas konzipiert ohne Aluminium-Träger. Die Wände dienen als Bildschirm, auf dem von außen und innen Präsentationen gezeigt werden können, und sie sind mit einem speziellen Stift beschreibbar. Im Atrium eines neuen Gebäudes auf dem Microsoft-Campus in Dublin hat der Mittelständler einen "digitalen Wasserfall" entworfen und gebaut. Die LEDs erzeugen auf den transparenten Scheiben einen Wasserfall und Farbeffekte. Auch kleine Bereiche der Installation können individuell angesteuert werden, sagt Babinsky. "Es war ein langer Weg. Aber jetzt ist der Knoten geplatzt. Jetzt macht es richtig Spaß."

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