Glänzende Ertragslage:Stellenabbau bei Telekom in neuem Licht

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Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hat bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal eingeräumt, dass die geplante Streichung von 32.000 Stellen widersprüchlich erscheinen könnte. Denn der Konzern hat zum fünften Mal in Folge den Quartalsgewinn gesteigert.

Thorsten Riedl und Klaus Harke

"Ich bin mir bewusst, dass wir es hier - zumindest scheinbar - mit einem Widerspruch zu tun haben", sagte Ricke bei der Vorlage der Telekom-Zahlen für das dritte Quartal. Auf der einen Seite seien die Ergebnisse sehr gut, auf der anderen Seite "steht die Notwendigkeit eines weiteren Stellenwegfalls - der ganz klar eine Konsequenz der aktuellen und absehbaren technologischen Entwicklung ist".

Protest gegen Stellenabbau. (Foto: Foto: dpa)

Die Deutsche Telekom lässt sich den Abbau von 32.000 Arbeitsplätzen über die nächsten drei Jahre insgesamt 3,3 Milliarden Euro kosten. Danach rechnet der Konzern mit jährlichen Einsparungen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro.

Während Ricke die Bilanz des abgelaufenen Quartals präsentierte, demonstrierten in Bonn und an mehreren Orten im gesamten Bundesgebiet Telekom-Mitarbeiter gegen die Streichung von Arbeitsplätzen.

"Völlig unverständlich"

Allein in München gingen nach Angaben der Gewerkschaft Verdi 2000 Beschäftigte auf die Straße. "Jeder dritte Arbeitsplatz in Bayern ist bedroht", hieß es. Für viele Mitarbeiter sei der angekündigte Stellenabbau angesichts von Milliardengewinnen des Konzerns "völlig unverständlich".

Von Juli bis September erwirtschaftete der Konzern einen Überschuss von 2,4 Milliarden Euro nach einem Verlust von 1,4 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum, der allerdings vor allem aus Sondereffekten herrührte.

Der Umsatz kletterte um 4,8 Prozent auf 15 Milliarden Euro. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Ricke weiterhin mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 20,7 und 21 Milliarden Euro. Die Dividende soll nicht unter 0,62 Euro pro Aktie fallen.

Tagesverlierer im Dax

Die Anteilsscheine der Deutschen Telekom gehörten trotz der guten Bilanz zu den Tagesverlierern im Deutschen Aktienindex. Der Ausblick auf das kommende Jahr trübte das Bild. Die Telekom werde 2006 in neue Produkte und die bestehende Kundenbasis investieren, erklärte Ricke, "obschon sich das auf unseren Gewinn auswirkt".

Rund 1,2 Milliarden Euro will der Konzern für die Investitionen in die Hand nehmen. Wegen der Aufwendungen schätzt Ricke den um Einmaleffekte bereinigten Ebitda im Jahr 2006 auf 20,2 bis 20,7 Milliarden Euro, also weniger als in 2005.

Investieren will die Deutsche Telekom mit 700 Millionen Euro vor allem in den Mobilfunk sowie mit einem Anteil von 400 Millionen Euro in DSL-Internet-Anschlüsse. "Alle Ex-Monopolisten in Europa bewegen derzeit viel in beiden Bereichen", sagte Robert Gallecker, Telekom-Analyst der Bayerischen Landesbank.

Die Deutsche Telekom startet im kommenden Jahr ein Dual-Telefon, mit dem Kunden zuhause über das althergebrachte Festnetz und unterwegs wie mit dem Handy reden können. Wer telefonierend aus dem Haus spaziert, merkt keinen Unterschied. In zwei Jahren hofft der Konzern auf bis zu zwei Millionen Kunden, die dieses Produkt nutzen.

Bei DSL offeriert die Telekom in Deutschland künftig ein so genanntes Triple-Play-Angebot. Dies ermöglicht den Verbrauchern, mit nur einem Breitband-Anschluss zu telefonieren, fernzusehen und im Internet zu surfen.

800-fache Geschwindigkeit

Hierfür will die Telekom ihr DSL-Netz ausbauen und so mittels VDSL genannter Technologie ein Übertragungstempo von bis zu 50 Megabit pro Sekunde erreichen. Das entspricht der 800-fachen Geschwindigkeit eines herkömmlichen ISDN-Anschlusses. Der Ex-Monopolist hofft, bei diesem VDSL-Netz von der Regulierung ausgenommen zu werden.

Um an der technologischen Entwicklung und der Konsolidierung der Branche teilzuhaben, kommen für Ricke auch Übernahmen in Frage. "Wir schauen uns alle Möglichkeiten in europäischen Märkten an, in denen wir präsent sind", sagte er.

Abgewunken

Erst kürzlich hatte die spanische Telefonica den Mobilfunkanbieter O2 angeboten. Die Deutsche Telekom hatte im Sommer selbst Interesse an dem britischen Unternehmen angemeldet, dann aber wegen des hohen Preises abgewunken. Nun bedrängen bald die Spanier mit O2 die Telekom im hiesigen Markt.

Noch mehr als von Branchenkennern erwartet trug der Mobilfunk im abgelaufenen Quartal zum Ergebnis bei. Insgesamt ist die Zahl der Handy-Kunden um 2,2 Millionen gewachsen. Allein auf T-Mobile USA entfallen davon 1,1 Millionen Neu-Kunden.

530.000 Mobiltelefonierer gewann die deutsche Niederlassung hinzu. Der Umsatz im Geschäftsfeld Mobilfunk stieg um 10,6 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Der Bereich wuchs mit einem Plus von 25 Prozent in den Vereinigten Staaten am stärksten. Im Inland sank der Umsatz um 2,2 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro.

© SZ vom 10.11.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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