Gipfel in Washington:G20-Staaten planen restriktive Finanzmarktkontrolle

Auf dem Weltfinanzgipfel in Washington beraten die stärksten Wirtschaftsmächte heute in Arbeitsgesprächen über Auswege aus der Finanzkrise. Doch bereits jetzt soll es ein erstes Ergebnis des Treffens geben: Offenbar wollen die G20-Staaten künftig "alle Finanzmärkte, Finanzprodukte und Finanzmarktteilnehmer" stärker überwachen.

Die größten Wirtschaftsmächte der Erde wollen auf den schwer erschütterten weltweiten Finanzmärkten künftig alle Überwachungslücken schließen. Auf dieses Grundprinzip zur umfassenden Reform des globalen Finanzsystems verständigten sich die mehr als 20 Staats- und Regierungschefs des Weltfinanzgipfels in Washington.

Gipfel in Washington: Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, US-Präsident George W. Bush und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wollen mit anderen Staats- und Regierungschefs in Washington eine Lösung für die Finanzmarktkrise finden.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, US-Präsident George W. Bush und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wollen mit anderen Staats- und Regierungschefs in Washington eine Lösung für die Finanzmarktkrise finden.

(Foto: Foto: Reuters)

Es soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa eine der zentralen Aussagen der geplanten Abschlusserklärung nach den Beratungen an diesem Samstag werden.

Der Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) hatte am Freitagabend (Ortszeit) mit einem Abendessen im Weißen Haus begonnen. "Milliarden hart arbeitender Menschen zählen auf uns, das Finanzsystem langfristig zu stärken", sagte der scheidende US-Präsident George W. Bush in seiner Begrüßungsrede.

Zugleich warnte der Gastgeber vor zu hohen Erwartungen. Das Problem sei nicht über Nacht entstanden, und werde auch nicht über Nacht gelöst. Er rief zu entschlossenem Handeln im Kampf gegen die globale Finanzkrise auf. "Es gibt noch mehr zu tun, und es steht in der Tat viel auf dem Spiel."

"Keine Weltrevolution"

Ziel der Beratungen soll laut Bush unter anderem ein konkreter Aktionsplan sein, mit dem die vereinbarten Prinzipien für eine verbesserte Regulierung und Aufsicht des Finanzsystems umgesetzt werden. Der künftige US-Präsident Barack Obama, der sein Amt erst im Januar antritt, nimmt an dem Spitzentreffen nicht teil.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte unmittelbar vor dem Gipfel mehrmals die Notwendigkeit schnellen Handelns unterstrichen. Nur weil sich die Situation auf den Finanzmärkten zu beruhigen beginne, dürfe jetzt in den Anstrengungen für eine Reform nicht nachgelassen werden.

Die deutsche Delegation geht mit höheren Ansprüchen als die Amerikaner in die Verhandlungen. Eine "Weltrevolution" erwartet aber auch in Merkels Umfeld niemand. "Ich glaube nicht, dass wir über einen Urknall etwas vollständig Neues haben werden", sagte Steinbrück. Die deutsche Position sei "in der mittleren Lage".

In dem geplanten Abschlussdokument heißt es den dpa-Informationen zufolge, künftig müssten "alle Finanzmärkte, Finanzprodukte und Finanzmarktteilnehmer einer Regulierung oder angemessenen Überwachung unterworfen werden". Das Prinzip einer lückenlosen Überwachung soll demnach auch für Staaten gelten.

Die Finanzminister der G20 sollen konkrete Regelungen für eine Reihe von Feldern erarbeiten. Erste kurzfristige Vorschläge sollen bereits bis zum 31. März vorliegen und von einem weiteren Gipfel der Staats- und Regierungschefs beschlossen werden. Daran wird dann auch Obama als neuer US-Präsident teilnehmen.

Am Rande des Gipfels trafen Berater Obamas mit Vertretern von mehr als einem Dutzend Ländern zusammen, darunter auch Deutschland. Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright und der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Jim Leach sollen den künftigen US-Präsidenten im Anschluss über die Gespräche informieren.

An dem Gipfel nimmt die "Gruppe der 20" teil, der 19 Industrie- und Schwellenländer sowie die EU angehören. Zudem sind Spanien und die Niederlande als weitere europäische Industrienationen vertreten. Die G20 repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung und fast 90 Prozent der Weltwirtschaftskraft. An dem Treffen nehmen auch die Spitzen von Weltbank, Internationalem Währungsfonds und Forum für Finanzstabilität sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon teil.

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