Gipfel in Brüssel:Ende des Bankgeheimnisses rückt näher

Adieu Schwarzgeld! Die EU-Staaten einigen sich grundsätzlich darauf, dass Banken die Finanzämter ausländischer Kunden auf dem Laufenden halten müssen. Doch zwei Länder stoppen eine schnelle Lösung.

Die Europäische Union will bis Jahresende weitreichende Fortschritte im Kampf gegen Steuerhinterziehung machen. Bis dahin sollen Beschlüsse für einen automatischen Austausch von Steuerdaten stehen und das Bankgeheimnis somit praktisch abgeschafft werden, wie aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels am Mittwoch in Brüssel hervorgeht. Zudem soll ein Maßnahmenpaket die Energiekosten für Unternehmen senken, damit Europas Wirtschaft keine Wettbewerbsnachteile entstehen. "Wenn wir die Menschen ermutigen wollen, ehrlich die Steuern zu zahlen, dann ist es wichtig, dass entschieden gegen Steuerbetrug vorgegangen wird", forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Brüssel. Kein Land könne das Problem alleine lösen, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zu Gipfelbeginn.

Bisher blockieren Luxemburg und Österreich einen erweiterten Austausch von Steuerdaten innerhalb der EU. Sie fordern, dass zuvor entsprechende Abkommen mit den Nicht-EU-Ländern Schweiz, Liechtenstein, Monaco, San Marino und Andorra abgeschlossen werden, weil sie sonst Nachteile im Wettbewerb mit anderen europäischen Finanzplätzen fürchten.

In dem Entwurf für die Abschlusserklärung heißt es, diese Verhandlungen sollten "so schnell wie möglich beginnen". Die Staats- und Regierungschefs rufen dazu auf, dann in einem zweiten Schritt die erweiterten Regeln innerhalb der EU bis Jahresende zu beschließen, um nicht nur Einnahmen aus Zinsen in den automatischen Informationsaustausch einzubeziehen. Das von Luxemburg und Österreich lange hinausgezögerte Ende des Bankgeheimnisses in der EU rückt somit näher.

"Dies ist ein schlechter Tag für Steuerbetrüger, weil wir gemeinsam vorgehen", sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker machte hingegen erneut klar, dass sein Land erst die Verhandlungen mit den Nicht-EU-Ländern abgeschlossen sehen will. Dann werde Luxemburg "vor Ende des Jahres entscheiden, ob und unter welchen Nebenbedingungen wir in den automatischen Informationsaustausch eintreten".

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, sagte den Staats- und Regierungschefs, "dass sich die Europäische Union in einer schweren Vertrauenskrise befindet". Dieses Vertrauen könne zum Teil wiederhergestellt werden, wenn der Gipfel Maßnahmen gegen Steuerbetrug und steigende Energiepreise beschließe. Wenn das Heizen der eigenen Wohnung zum Luxus werde, werde Energiepolitik auch zur sozialen Frage, sagte Schulz.

Der Entwurf der Gipfelerklärung sieht vor, die Preise für Verbraucher und Industrie zu senken, indem der Wettbewerb der Energieversorger durch eine weitere Vertiefung des EU-Binnenmarkts verschärft wird. Außerdem soll die Energieversorgung breiter aufgestellt und Anreize für Investitionen in ein modernes Energienetz geschaffen werden.

Um die Importabhängigkeit der EU zu entschärfen, erhält die Kommission den Auftrag, Möglichkeiten der EU-Länder zu untersuchen, das in Deutschland umstrittene Schiefergas zu fördern. Zudem soll die Kommission prüfen, wie energieintensive Unternehmen bei ihren Abgaben entlastet werden könnten - dazu zählen auch Sonderbelastungen, die der Umstellung auf Erneuerbare Energien geschuldet sind. "Wir müssen alles tun, damit Energie erschwinglich bleibt und Arbeitsplätze bei uns gehalten werden können", sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Die Klimaschutzziele der EU sollten jedoch beibehalten werden. Greenpeace warnte am Mittwoch davor, den Klimaschutz dem Preisdruck zu opfern.

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