Gewerkschaftergehälter:Gut bezahlt, aber nicht reich

Deutschlands Gewerkschaftschefs haben niedrige Einkommen - zumindest im Vergleich zu den Spitzenmanagern, deren Gehälter sie immer wieder anprangern.

S. Haas und D. Esslinger

Die meisten Gewerkschaftsbosse nennen inzwischen bereitwillig ihr Jahresgehalt. Noch vor wenigen Jahren war das anders. Damals galt allein schon die Frage danach als degoutant und tabu.

Gewerkschaftsgehälter Gut bezahlt, aber nicht reich ddp

Michael Sommer, Vositzender des DGB, muss die meisten Mitglieder betreuen, ist allerdings nicht der Spitzenverdiener.

(Foto: Foto: ddp)

Der Bewusstseinswandel bei den Gewerkschaftern kommt nicht von ungefähr. Denn gerade die Funktionäre des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) waren es, die immer wieder von den Konzernvorständen gefordert haben, dass sie ihre Einkommen transparent machen.

Inzwischen veröffentlichen die Chefs der 30 im Deutschen Aktienindex Dax gelisteten Firmen ihre Vergütungen jährlich in den Geschäftsberichten. Für die Gewerkschafter gibt es keine entsprechenden Vorgaben, doch es wäre nicht konsequent und wenig glaubwürdig, wenn gerade sie ihr Gehalt verschwiegen. Außerdem wäre es auch unklug, denn angesichts der Millionen-Gehälter von Spitzenmanagern ist das Jahreseinkommen von Gewerkschaftschefs vergleichsweise gering.

Gewerkschaftsinterne Angaben

Am meisten verdient Berthold Huber, der Erste Vorsitzende der IG Metall. Er bekommt im Jahr fast 260.000 Euro und führt die mit 2,3 Millionen Mitglieder im Jahr 2008 größte DGB-Gewerkschaft. Am wenigsten verdient mit 105.600 Euro Transnet-Chef Alexander Kirchner, der an der Spitze einer der mit 227.690 Mitgliedern kleineren DGB-Gewerkschaften steht.

Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, will sein Gehalt nicht veröffentlichen. "Es handelt sich um gewerkschaftsinterne Angaben", begründete ein Gewerkschaftssprecher. Bei den meisten DGB-Gewerkschaften entscheiden interne Gremien und die Betriebsräte über eine Art "Haus-Tarifvertrag". Darin sind die Lohnerhöhungen der Gewerkschaftsmitarbeiter und der Chefs geregelt.

"Über die Einkommenshöhe Stillschweigen bewahren"

Vage Auskünfte gibt es bei den meisten nicht zum DGB gehörenden Gewerkschaften. Beim Beamtenbund heißt es etwa, der Vorsitzende Peter Heesen habe ein Gehalt, das zwischen den Bezügen eines Staatssekretärs und eines Ministers liege - das sind 11.000 bis 14.000 Euro im Monat. Aus den Einkünften des Vorsitzenden hat der Beamtenbund immer schon ein Geheimnis gemacht, und auch wer nach dem Grund dafür fragt, der erhält nur diese Antwort: "Im Dienstvertrag des Bundesvorsitzenden ist geregelt, dass beide Seiten über die Einkommenshöhe Stillschweigen bewahren."

Die Mitgliedsgewerkschaften des Beamtenbundes wiederum handhaben die Sache unterschiedlich. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) teilt das Gehalt ihres Vorsitzenden näherungsweise mit. Claus Weselsky werde "analog zur Besoldungsgruppe A 16" bezahlt, was einem Grundgehalt von knapp 5300 Euro im Monat entspräche. Die andere Bahngewerkschaft GDBA ließ die Frage nach dem Einkommen ihres Chefs Klaus-Dieter Hommel unbeantwortet. Beim Philologenverband stellt sich die Gehaltsfrage gar nicht - der Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger ist im Hauptberuf weiterhin Leiter eines Gymnasiums.

Viele arbeiten ehrenamtlich

Auch bei den meisten Spartengewerkschaften arbeiten die Vorstände ehrenamtlich. Bei der Vereinigung Cockpit etwa besteht der Vorstand aus aktiven Piloten, bei der Gewerkschaft der Flugsicherung sind es aktive Fluglotsen, Flugsicherungstechniker und Ingenieure und beim Marburger Bund aktive Ärzte.

Viele Gewerkschafter haben zusätzlich zum Jahresgehalt Nebeneinkünfte, etwa aus Aufsichtsratsmandaten. Der DGB hat für seine Gewerkschaften klar geregelt, was mit den Nebeneinkünften geschieht. Demnach müssen die Arbeitnehmer-Vertreter in den Aufsichtsräten von Unternehmen einen Teil an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung abführen. Für ein einfaches Aufsichtsratsmitglied gilt: Bei einer Jahresvergütung von bis zu 3500 Euro müssen zehn Prozent abgeführt werden; bei Vergütungen von mehr als 3500 Euro sind es 90 Prozent. Wer gegen die Regelung verstößt, werde verklagt, heißt es etwa bei der IG Metall.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: