Gesundheitsversorgung:Ärzte in Grenzen

In einigen Regionen Deutschlands geht bald jeder dritte Hausarzt in den Ruhestand, ohne dass Nachfolger bereitstehen. Das könnte zu Versorungsengpässen führen.

Guido Bohsem

Der Ärzte-Mangel in Deutschland gefährdet die Gesundheitsversorgung. Nach Berechnungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) steht jeder fünfte Hausarzt vor dem Ruhestand. Ausreichend Nachwuchs fehlt. "Wir steuern auf eine Zangenbewegung zu - eine Überalterung der Ärzteschaft und eine zu geringe Zahl von nachrückenden jungen Medizinern'', sagte KBV-Chef Andreas Köhler der Süddeutschen Zeitung. Betroffen sind vor allem ländliche Regionen und Ostdeutschland.

Gesundheitsversorgung: Kein begehrter Job: Die Versorgung mit Hausärzten auf dem Land wird immer dünner.

Kein begehrter Job: Die Versorgung mit Hausärzten auf dem Land wird immer dünner.

(Foto: Foto: dpa)

Im Jahr 1993 seien etwa 8,8 Prozent aller niedergelassenen Haus- und Fachärzte 60 Jahre oder älter gewesen, sagte Köhler. Inzwischen liege der Anteil bei 17 Prozent. Betrachte man allein die Hausärzte, sei der Anteil der älteren Mediziner mit 19 Prozent noch höher. "Wir rechnen damit, dass bis 2012 rund 34.000 niedergelassene Ärzte altersbedingt ihre Praxistätigkeit aufgeben werden'', resümierte der Verbandschef. Nach Daten des Gesundheitsministeriums trifft die Überalterung der Hausärzte vor allem Ostdeutschland. In Thüringen, Sachsen und Brandenburg sind demnach jeweils knapp ein Drittel der Mediziner 60 Jahre oder älter. Den geringsten Anteil älterer Hausärzte verzeichnet Rheinland-Pfalz mit 14,5 Prozent. In Bayern sind 16,5 Prozent älter als 59 Jahre.

Das Ministerium teilt die Sorgen der KBV im Grundsatz. "In ländlichen und strukturschwachen Regionen können kurz- bis mittelfristig Versorgungsengpässe auftreten'', heißt es in einem Schreiben von Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) an die FDP-Fraktion, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Allerdings habe die Koalition eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, mit denen derartigen Engpässen begegnet werden könne. So könnten sich auf Landesebene Ärzte und Kassen auf Investitionshilfen bei der Übernahme von Praxen verständigen. Auch sei es möglich, Medizinern mehr Geld zu zahlen, wenn sie in unterversorgten Gebieten praktizierten.

Vergangene Woche hatte sich der Gemeinsame Bundesausschuss aus Vertretern von Kassen und Ärzten darauf geeinigt, die Voraussetzungen für eine bessere Entlohnung solcher Ärzte zu schaffen. Die Landesausschüsse sollen einen Versorgungsengpass künftig schneller feststellen und beheben können.

KBV-Chef Köhler geht das nicht weit genug. Entscheidend für ausreichenden Ärzte-Nachwuchs ist nach seinen Worten die Honorarreform, die Teil der Gesundheitsreform ist. Von 2009 an sollen die Ärzte ihre Leistungen in Euro und Cent und nicht mehr nach Punkten abrechnen. Regionale Einkommensunterschiede werden angeglichen. Die genaue Ausgestaltung steht jedoch noch aus. Einem Streikaufruf der Freien Ärzteschaft als Protest gegen die Arbeitsbedingungen niedergelassener Mediziner folgten am Dienstag nur wenig Ärzte.

Im Streit um die Gesundheitsreform brach erneut Streit über die künftigen Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, prognostizierte für Mitte 2008 eine Welle von Beitragserhöhungen. Sowohl der AOK-Bundesverband als auch der Bundesverband der Betriebskrankenkassen erklärten aber, sie rechneten nicht mit einer solchen Entwicklung. Das Gesundheitsministerium nannte Kailuweits Äußerungen unseriös.

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