Kassenärztliche Bundesvereinigung:Gesundheitsministerium nimmt Ärzteschaft ins Visier

95 000 Euro Mietkostenzuschuss, hohe Altersbezüge und ungenehmigte Investitionen: Gesundheitsminister Gröhe hat genug von den Skandalen um den ehemaligen Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Von Guido Bohsem, Berlin

Das Gesundheitsministerium hat genug: Damit der Immobilien-Skandal bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aufgeklärt wird, nimmt das MInisterium die oberste Organisation der Kassenärzte jetzt schärfer ins Visier. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll ein Beauftragter des Ministeriums eingesetzt werden, um Klarheit in die Angelegenheiten zu bringen und die Immobilientochter der KBV abzuwickeln.

"Ziel ist es, in einem strukturierten, kontrollierten und koordinierten Verfahren die festgestellten Rechtsverletzungen ohne weitere Schäden für die KBV und deren Organe zeitnah und ohne weitere Verzögerungen zu regeln", heißt es nach den Angaben in einer Vereinbarung zwischen Ministerium und KBV. Damit erreicht die seit Monaten schwelende Auseinandersetzung zwischen der Politik und den Kassenärzten einen neuen Höhepunkt.

Zuvor hatte das Ministerium den ehemaligen KBV-Chef Andreas Köhler verklagt, weil dieser einen Mietkostenzuschuss von gut 95 000 Euro erhalten hatte - nach Einschätzung von Gröhes Beamten zu Unrecht. Auch gegen Köhlers Altersbezüge geht das Ministerium vor. Sie sind nach Einschätzung von Gröhes Beamten deutlich zu hoch.

KBV-Funktionäre hofften, der Entmachtung zu entgehen

Ebenfalls unter Köhler soll die KBV ohne Genehmigung der eigenen Vertreterversammlung und des Gesundheitsministeriums die Immobilienfirma Apo KG übernommen haben, heißt es in einem Gutachten. Dabei handelt es sich um eine ehemalige Tochter der Ärzte- und Apothekerbank. Kurz vor dem Ärztetag hatte Gröhe die KBV bereits aufgefordert, die Ungereimtheiten bei der Apo KG aufzuklären. Die Vertreterversammlung der Organisation hatte daraufhin einen entsprechenden Beschluss gefasst.

Mehrere Spitzenfunktionäre der KBV zeigten sich danach zuversichtlich, dass Gröhe deshalb keinen Staatskommissar schicken werde und somit die Führung der Organisation entmachten würde. Gröhe reichte das aber offenbar nicht. Der nun eingesetzte Beauftragte soll sicherstellen, dass die Rechtsverletzungen beim Erwerb der Apo KG ohne weitere Schäden und ohne weitere Verzögerung behoben werden können.

Geschädigte sind vor allem die Mitglieder, also die Ärzte

Gesichtswahrend für die KBV ist, dass das Ministerium den Beauftragten - es handelt sich um einen Rechtsanwalt der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft - mit Einverständnis der KBV-Führung entsendet. Gröhe ist es demnach offenbar gelungen, bei der Organisation eine gewisse Einsicht in das Fehlverhalten der Vergangenheit zu wecken. Das hatte sich in den vergangenen Monaten nur spärlich entwickelt.

Geschädigt durch die Machenschaften sind vor allem die Mitglieder, das heißt die Ärzte. Jeder Kassenarzt ist verpflichtet, Mitglied in der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu werden, und einen Teil seines Gehalts als Beitrag einzuzahlen. Auf Bundesebene übernimmt die Spitzenorganisation der 17 regionalen KV die politische Lobbyarbeit, die Honorarverhandlungen mit den Kassen und die Aufgabe, die medizinische Versorgung sicherzustellen.

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