Gesundheitskarte:Spione im Wartezimmer

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Lange Geschichte: Die neue Gesundheitskarte kommt - bestimmt. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Die Lesegeräte für die neue elektronische Gesundheitskarte müssen nachgerüstet werden. Der Beginn der Erprobungsphase verzögert sich einmal mehr.

Von Guido Bohsem

Das schönste Beispiel für das bisherige Scheitern der elektronischen Gesundheitskarte eGK wird derzeit zwischen Ärzten und Apothekern verhandelt. Von Oktober an sollen alle Patienten, die regelmäßig mehr als drei Medikamente nehmen, einen Medikationsplan erhalten. So können Ärzte und Apotheker sicherstellen, dass die Arzneimittel sich nicht gegenseitig beeinträchtigen oder sogar zu schädlichen Wirkungen führen.

Mit der Gesundheitskarte wäre das kein Problem. Doch weil das Gerät nach mehr als zehn Jahren und über einer Milliarde Euro Kosten noch immer nicht funktioniert, muss der Medikationsplan eben auf Papier ausgestellt werden.

Immerhin ist Hoffnung in Sicht. Anfang 2017 sollen alle Arztpraxen und Kliniken in der Lage sein, mit den Karten zu arbeiten. Jedenfalls dann, wenn alles klappt. Doch häufen sich in diesen Tagen die Hinweise, dass sich der Start dann doch wieder verzögern könnte.

Vor ein paar Monaten funktionierten die Geräte nicht, die für die Verbindung mit der digitalen Datenautobahn des Gesundheitssystems zuständig sind. Dieses technische Problem habe man inzwischen ganz gut in den Griff bekommen, heißt es im Gesundheitsministerium. Nun taucht ein neues Problem auf - und zwar bei den Geräten, mit denen die Gesundheitskarten eingelesen werden sollen. Diese muss man sich so vorstellen wie die Geräte für EC-Karten im Supermarkt. Nur sollen die Dinger in der Arztpraxis mit deutlich höheren Sicherheitsfunktionen ausgestattet sein.

Für Ärger sorgt derzeit die sogenannte Luftschnittstelle. Hier vermutet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik eine neue Sicherheitslücke. Denn es soll verhindert werden, dass die Geheimnummer der Versicherten abgehört werden kann, wenn sie diese in der Arztpraxis eingeben. Doch sind die neuen Kartenlesegeräte, leider, leider derzeit nicht dafür ausgerüstet. Nun muss also wieder nachgerüstet werden.

Absehbar ist deshalb, dass damit der Beginn der Erprobungsphase, die ursprünglich mal für Ende Juni in diesem Jahr vorgesehen war, weiter nach hinten geschoben wird. Die Rede ist nun von Mitte November. Ob es dann sechs Wochen später mit dem bundesweiten Startschuss für die Gesundheitskarte klappen kann, steht nun einmal mehr in Frage.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe jedenfalls ist optimistisch. "Das Ziel ist ehrgeizig, aber erreichbar, wenn sich alle anstrengen", sagte er. Sollte es nicht klappen, müssten Kassen und Ärzte eine Strafe zahlen.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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