Gestoppter Blackberry-Verkauf:Arm, aber unabhängig

Gestoppter Blackberry-Verkauf: Blackberry-Chef Thorsten Heins muss gehen

Blackberry-Chef Thorsten Heins muss gehen

(Foto: AFP)

Überraschende Wende: Trotz eines Milliardenangebots und eines illustren Kreises möglicher Interessenten bläst Blackberry den geplanten Verkauf ab. Den deutschen Firmenchef Thorsten Heins setzt der angeschlagene kanadische Handyhersteller vor die Tür.

Von Varinia Bernau

Ein illustrer Kreis möglicher Interessenten hatte sich in den vergangenen Wochen um den angeschlagenen Handyhersteller Blackberry gebildet: Der Jungspund Mark Zuckerberg, der mit Facebook die ganze Welt vernetzen will, war ebenso als Bieter im Gespräch gewesen wie der erfahrene Mike Lazaridis, der das strauchelnde Unternehmen einst Mitte der Achtzigerjahre gegründet hatte. Noch am Wochenende hieß es, auch der Finanzinvestor Cerberus sowie der Chiphersteller Qualcomm liebäugelten mit einem Einstieg.

Und nun? Wenige Stunden, ehe die Frist ablief, in der der kanadische Investor Fairfax sein 4,7 Milliarden Dollar schweres Übernahmeangebot konkretisieren sollte, kommt die überraschende Wende: Blackberry bläst den Verkauf wieder ab - und setzt auch jenen Mann vor die Tür, der das Unternehmen im Sommer überhaupt zum Verkauf gestellt hat. Thorsten Heins, der einst von Siemens zu Blackberry gewechselt war und dort vor fast zwei Jahren die Führung übernommen hatte, muss gehen. Seinen Posten wird John Chen übernehmen.

Zumindest vorübergehend. Und damit es erst einmal weitergeht, stellen Fairfax und weitere Investoren etwa eine Milliarde Dollar bereit. Blackberry wird diese Summe über eine private Platzierung in Form von Wandelanleihen einsammeln. Der Großinvestor Fairfax, der bereits zehn Prozent an Blackberry hält, beteiligt sich daran mit 250 Millionen Dollar.

"Zeichen der Zuversicht"

Barbara Stymiest, die noch dem Verwaltungsrat vorsteht, ihren Posten aber ebenfalls räumen wird, versucht sich, die Sache möglichst schön zu umschreiben: "Die heutige Ankündigung stellt ein deutliches Zeichen der Zuversicht in Blackberry dar." Aber wird eine Milliarde Dollar wirklich reichen, um das Ruder rumzureißen? Und vor allem: Wird John Chen nun das gelingen, woran Thorsten Heins scheiterte?

Unter Branchenbeobachtern glauben offenbar nur wenige, dass dies die Rettung ist: Die Aktie gab vorbörslich mehr als 20 Prozent nach. Das dürfte weniger an Chen, dem neuen Mann an der Spitze, liegen als an der schier unlösbaren Aufgabe, vor der er nun steht: Als Chef des US-Softwareentwicklers Sybase hat Chen einst einen guten Job gemacht. So gut, dass der deutsche Softwarekonzern SAP im Frühjahr 2010 umgerechnet 4,6 Milliarden Euro für den Spezialisten hinlegte. Aber Blackberry ist nach Ansicht der meisten Analysten längst nicht mehr so wertvoll.

Anschluss verloren

Mehr als zehn Jahre ist es her, dass das erste Blackberry vorgestellt wurde: Mit dem Gerät in Form einer Brombeere ließen sich zunächst nur Nachrichten senden und empfangen, später konnte man damit auch telefonieren. Der Assistent für unterwegs avancierte zum Liebling der Manager. Inzwischen aber wischen selbst sie lieber über die Bildschirme ihrer Mobiltelefone statt den Daumen über eine kleine Kugel zu schieben.

Die Unternehmensführung, zu der auch Mitgründer Lazaridis lange zählte, erkannte diesen Trend viel zu spät. Technische Pannen und oft gebrochene Versprechen für neue Geräte verschreckten weitere Kunden. In den USA hat T-Mobile Blackberry erst kürzlich aus dem Sortiment genommen - mit der Begründung, es gebe einfach zu wenige Käufer. Im jüngsten Quartal hat das kanadische Unternehmen einen Verlust von einer Milliarde Dollar verbuchen müssen.

Helfen soll ein Stellenabbau. Jeder dritte der knapp 13.000 Mitarbeiter muss gehen. Blackberry hat den Anschluss an die davon eilenden Rivalen Apple und Samsung verloren.

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