Gespräche über Griechenland-Krise:Athen ist in der Wirklichkeit angekommen

European Heads of States and Governments Summit

Der griechische Premier Alexis Tsipras entsteigt am zweiten Tag des EU-Gipfels in Brüssel seiner Limousine.

(Foto: dpa)

Eine dürre Erklärung ist das Ergebnis der nächtlichen Diskussionen zwischen Tsipras und den europäischen Kreditgebern. Und doch sagen diese wenigen Sätze ziemlich viel.

Kommentar von Cerstin Gammelin, Brüssel

Hat sich das gelohnt? 200 Minuten haben der griechische Premierminister Alexis Tsipras und die Chefs der Geldgeber über die Krise in Griechenland geredet. Herausgekommen ist eine Erklärung, neun dürre Zeilen lang. In denen doch nicht viel mehr zu stehen scheint als in dem Statement, das die Finanzminister der Euro-Zone am 20. Februar mühevoll vereinbart hatten.

Die Antwort, vorsichtig und optimistisch gesagt, lautet: Ja, es hat sich gelohnt.

Schon am Freitagmorgen, wenige Stunden, nachdem die Chefs der größten Kreditgeber Griechenlands und der europäischen Institutionen mit dem griechischen Premierminister ihren nächtlichen reality check beendet hatten, ließ eine Mitteilung aus dem griechischen Finanzministerium aufhorchen: Man begrüße die konstruktiven Entwicklungen, die Klarheit brächten und erlauben würden, ordnungsgemäß die Vereinbarungen mit der Euro-Gruppe vom 20. Februar umzusetzen.

Es waren nur wenige Sätze, in vollendeter europäischer Bürokratensprache. Übersetzt bedeuten sie, dass Athen bereit ist, mit den Buchprüfern zusammenzuarbeiten. Das ist neu. Griechenland ist in der Realität der Euro-Zone angekommen. Diese Realität heißt: Das Land muss sich an die Regeln der Gemeinschaft halten.

Tsipras verlässt den Raum nicht als Geschlagener

Premierminister Tsipras hat einsehen müssen, dass sein Ansinnen, vorzeitig Geld zu bekommen oder die Europäische Zentralbank per politischer Order zur Hilfsleistung zu zwingen, einfach fehlschlagen muss.

Dennoch hat er keineswegs als Geschlagener den Raum verlassen. Tsipras hat in Form des kleinen Gipfels auf höchster politischer Ebene, also mit den Präsidenten Donald Tusk (Europäischer Rat) , Jean-Claude Juncker (Europäische Kommission), Mario Draghi (Europäische Zentralbank) und Jeroen Dijsselbloem (Euro-Gruppe) endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die er seit Amtsantritt vor acht Wochen forderte. Am Montag wird er zudem mit Merkel in Berlin zu Abend essen - und womöglich die Reparationen ansprechen können. Das ist ein Sieg, den er zu Hause verkünden kann.

Bewegung nach rhetorisch miserablen Diskussionen

Griechenland hat außerdem das Zugeständnis der Europäer erreicht, dass die Regierung in Athen selbst entscheiden kann, welche Reformen sie durchziehen will, um ihrem Land auf die Beine zu helfen. Die griechischen Behörden haben die Verantwortung, heißt es in der Erklärung. Für die komplette Liste der Reformen - und die Lieferung in den kommenden Tagen.

Merkel, Frankreichs Präsident Hollande, Draghi und die anderen haben Tsipras wiederum klargemacht, dass das alles ist an Zugeständnissen. Dass Athen nun liefern muss.

Das Treffen hat die dringend nötige, neue Bewegung in die festgefahrenen und rhetorisch-diplomatisch miserablen Diskussionen der vergangenen Wochen gebracht. Plötzlich ist da ein guter Wille zu spüren und das Gefühl, eine Gemeinschaft zu sein.

Beides muss in den kommenden Tagen zu einer Liste akzeptabler Reformen führen. Die 200 Minuten reality check waren mehr als nötig, für Griechenland und die Euro-Zone, um einander wieder vertrauen zu können.

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