Gesetzlicher Mindestlohn:"Ein äußerst riskantes Manöver"

Workers Harvest Asparagus In Beelitz Region

Sonderfall Saisonarbeit: Aushilfskräfte ernten Spargel - anstrengend und in der Regel schlecht bezahlt.

(Foto: Getty Images)

Der Sozialflügel der Union warnt aus verfassungsrechtlichen Gründen vor zu vielen Ausnahmen beim Mindestlohn. Gleichzeitig fordert er Sonderregeln für junge Menschen, weniger Leistungsfähige und eine "Taschengeldklausel" für Schüler.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die große Mehrheit der Bundesbürger will ihn unbedingt - bald kommt der Mindestlohn von 8,50 Euro. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lehnt Ausnahmen bei der gesetzlichen Lohnuntergrenze ab. Die Arbeitgeberverbände und einige Unionspolitiker fordern dagegen Sonderregeln, etwa für Langzeitarbeitslose, Minijobber oder Saisonarbeiter. Die Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion warnt nun in einem Positionspapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, vor zu vielen Ausnahmen. Diese stellten verfassungsrechtlich "ein äußerst riskantes Manöver dar".

Ausnahmen etwa für Studenten und Rentner würden dem Gleichheitssatz aus der Verfassung zuwiderlaufen und "auch als Altersdiskriminierung ausgelegt werden können", heißt es in dem Papier. Es sei lebensfern zu behaupten, für diese Personen seien Einkünfte aus einem Zusatzjob nicht wichtig für den Lebensunterhalt. Die Frage sei doch: "Was ist mit dem Rentner, der noch sein Eigenheim abbezahlen muss oder nur unabhängig von der Grundsicherung sein will?" Oder was sei mit dem Studenten, der eine hohe Miete zahlen müsse? Außerdem müsse man verhindern, dass Firmen verstärkt Jobs für Rentner und Studenten schaffen, um Lohnkosten zu sparen, warnt Peter Weiß, Chef der Arbeitnehmergruppe in der Unions-Fraktion.

Auch bei den mehr als sieben Millionen Minijobbern hält seine Organisation Ausnahmen weder "für rechtlich möglich noch sinnvoll". Weiß sagt: "Wenn wir geringfügig Beschäftigte ausnehmen, würden wir dazu beitragen, dass in allen möglichen Branchen Minijobs auf Kosten von Normalarbeitsplätzen ausgebaut werden."

Praktikanten sollen von der Regelung ausgenommen sein

CSU-Chef Horst Seehofer war von seiner Forderung, Ausnahmen für Rentner zu ermöglichen, Anfang Februar abgerückt, hatte es dabei aber offengelassen, wie er es mit Minijobbern halten wolle. Die Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion macht sich jedoch dafür stark, den Mindestlohn für junge Menschen etwa bis zum 21. Lebensjahr auszusetzen, um zu verhindern, dass sie anstelle einer Ausbildung mit einer angelernten Tätigkeit Geld verdienen. Denkbar wäre auch eine "Taschengeld-Klausel" für Schüler (zum Beispiel 150 Euro monatlich), bis zu der unabhängig von einem Mindestlohn mit einfachen Tätigkeiten verdient werden könnte.

Praktikanten will der Abgeordneten-Kreis ausnehmen, wenn ein Praktikum in der Studien- oder Ausbildungsordnung vorgesehen ist oder sie das Praktikum nutzen wollen, um erste Berufserfahrungen zu sammeln oder Kontakte zu knüpfen. Bei Menschen mit einem eingeschränkten Leistungsvermögen sei "eine Kombination aus angepassten Eingliederungszuschüssen und zeitlich befristeten Einstiegslöhnen unter dem Mindestlohn sinnvoll", heißt es in dem Papier. Weiß sagt: "Wir dürfen gerade Langzeitarbeitslosen nicht den Weg in den Arbeitsmarkt verbauen."

Der sozialpolitische Flügel der Union schlägt außerdem vor, die Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern bereits jetzt einzusetzen, um ein Regelwerk für mögliche Ausnahmen vom Mindestlohngesetz zu erarbeiten. "Wir als Politiker verheben uns da nur", sagt Weiß. Der Mindestlohn von 8,50 Euro soll Anfang 2015 in Kraft treten und bis Ende 2017 gelten. Laut Koalitionsvertrag soll die Kommission dann Vorschläge machen, wie hoch er von 2018 an ausfallen soll.

Die Unions-Arbeitnehmergruppe pocht außerdem auf ein Konzept, das Schwarzarbeit und Umgehungsstrategien verhindern soll. Als Beispiel werden Friseursalons genannt. Deren Betreiber könnten die Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern in Werkverträge umwandeln. Der betroffene Friseur wäre dann formell selbständig, sodass ein Mindestlohn nicht greifen würde.

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