Gesetzgebung:Mühen mit dem Müll

Elektroschrott

Künftig sollen Kunden solchen Elektroschrott zum Händler zurück bringen können.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die neuen Vorschriften für Elektroschrott sollen der Umwelt helfen. Die Änderungen könnten jedoch vor allem für mittelständische Online-Händler teure Folgen haben.

Von Michael Kläsgen

Sigrid Wegerich versucht es mit Humor, auch wenn es ihr schwer fällt. Denn das Gesetz könnte teuer werden für sie. Auf bis zu 40 000 Euro beziffert die Geschäftsführerin des Spielzeug-Händlers RCT International die Zusatzkosten. "Aber Geld für ein Gesetz bezahlen, das kann doch nicht sein", sagt sie. Doch das könnte sein. Wenn am Donnerstag wie geplant das neue Elektroschrottgesetz in Kraft tritt, könnte das erhebliche Folgen vor allem für mittelständische Online-Händler wie Wegerich mit sich bringen. "Das Schlimmste an dem Gesetz ist", sagt Wegerich, "dass man sich in jedem Land registrieren lassen muss. In allen 27 Ländern. Mein Tschechisch ist aber leider nicht so gut und mein Finnisch stark verbesserungswürdig." Soweit ihr Humor. Sie hat es schließlich auf Englisch probiert, und schon einige Rückantworten von den Ministerien erhalten. Aber die Formulare muss sie doch in der jeweiligen Landessprache ausfüllen. Und dann wird es ernst.

Dabei findet Wegerich das Gesetz im Grunde gut. Es sieht eine Rücknahmepflicht von Altgeräten wie etwa einem Toaster, einem Radio oder einem Kühlschrank vor. Ein paar Monate Zeit hat der Gesetzgeber Händlern wie ihr gegeben. Nach einer Übergangsfrist werden sie und andere Spielzeughändler alte Elektrogeräte von jedem Verbraucher annehmen müssen. So können sie umweltfreundlich verschrottet und viele Materialien im besten Fall recycelt werden. Gerade bei Elektroschrott ist die Wiederverwertungsquote relativ hoch.

Was Wegerich am "ElektroG2" missfällt, sind einige Details oder besser gesagt das Fehlen von Details. So sollen Händler mit einem Lagerraum von mindestens 400 Quadratmetern zur Rücknahme verpflichtet werden. "Aber was genau ist mit den 400 Quadratmeter gemeint? Bezieht sich das auf die Fläche oder das Volumen insgesamt, also auch die Höhe der Lagerhallen?" All das gehe aus dem geplanten Gesetz nicht eindeutig hervor. Wer genau zur Rücknahme verpflichtet ist, könnte daher zum Streitfall werden.

Nun gibt es bereits ein Elektroschrottgesetz, das die Dinge ganz gut regelt. Der Verbraucher bringt seine Batterien zum Beispiel in den Supermarkt und den ausrangierten Ofen zum Wertstoffhof, und das wird auch weiterhin so sein. Zusätzlich werden jetzt aber auch größere Online-Händler in die Pflicht genommen. Das haben sie dem Vernehmen nach wohl dem Einzelhandelsverband zu verdanken, dem der wachsende Online-Handel eh ein Dorn im Auge ist und der auf "Gleichbehandlung" pochte. Wegerich spricht jedenfalls von einem "Krieg" zwischen den Verbänden, was bei de so natürlich nicht stehen lassen wollen.

Auch durch andere Details des Gesetzes geraten kleinere Anbieter ins Hintertreffen, Internationale Handelsketten hingegen werden bevorzugt. Denn das Gesetz sieht vor, dass jeder Händler in dem Land, in dem er etwas verkauft, eine Niederlassung oder einen Bevollmächtigten vorweisen kann. Ketten fällt das leichter als Mittelständlern, die das meiste Geschäft im eigenen Land machen, aber gelegentlich auch ins Ausland liefern könnten. Wegerich sieht in dieser Regelung eine "Wettbewerbsverzerrung". Durch diesen Gesetzespassus kommen zusätzliche Kosten auf Händler wie sie zu - egal, ob sie sich selber einen Bevollmächtigten im Ausland besorgt oder einen Dienstleister anheuert.

Wegerich hält das Gesetz, obwohl es auf einer EU-Richtlinie basiert, für eine Vorschrift wider den europäischen Gedanken. "Wir wollten doch in Europa eine Wirtschaftsunion und einen funktionierenden Binnenmarkt schaffen", sagt sie. "Dieses Gesetz behindert den freien Warenaustausch aber."

Hinzu kommt eine Schieflage auf globaler Ebene. Chinesische Händler dürfen beispielsweise ihr Kinderspielzeug ohne Beschränkung nach Deutschland liefern. Und der Verbraucher darf es am Ende beim deutschen Händler entsorgen, der dann auf den Kosten sitzen bleibt oder auf einem "Gefahrengut". Dazu zählen lithiumhaltige Batterien und andere umweltschädliche oder gesundheitsgefährdende Produkte. DHL transportiert solche Sendungen nur auf dem Landweg in separaten Behältern und lässt sie fachgerecht recyceln. Manche solcher Materialien sind leicht entzündlich oder sogar explosiv.

Nur, was macht ein Onlinehändler damit? Den Gedanken findet dann auch Sigrid Wegerich nicht mehr so lustig.

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