Gesetzesentwurf:Für einen gerechten Lohn

Frauen sollen künftig Auskunft über das Gehalt ihrer männlichen Kollegen bekommen. Die Bundesfamilienministerin will auf diese Weise die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

In deutschen Unternehmen liegen die Gehälter von Frauen deutlich unter denen von Männern. Trotz regelmäßiger Bekenntnis der Politik, das zu ändern, sei dieser Zustand seit Jahren quasi "in Stein gemeißelt", sagte Manuela Schwesig (SPD) am Mittwoch in Berlin. Die Bundesfamilienministerin will die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern nun schließen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart und seit Monaten angekündigt, hat Schwesig das "Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen" auf den Weg gebracht und dem Kanzleramt einen Entwurf vorgelegt. Er sieht vor, dass Frauen von ihrem Arbeitgeber Auskunft darüber verlangen können, was Männer in vergleichbaren Positionen verdienen und nach welche Kriterien sie eingestuft wurden. Liegt eine Benachteiligung vor, wird der Betriebsrat eingeschaltet oder geklagt. Aus Union und Wirtschaft kam zuvor wenig überraschender Protest.

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern liegt in Deutschland bei etwa 22 Prozent. Sie geht auf unterschiedliche Faktoren zurück, auch auf Entscheidungen der Arbeitnehmerinnen selbst. Zum einen wählen junge Frauen häufig schlechter bezahlte soziale Berufe. Viele arbeiten über Jahre in Teilzeit, der Kinder wegen. Andere steigen trotz gleicher Qualifikation nicht in Leitungsjobs auf. Zieht man solche objektiven Unterschiede ab, die eine Ungleichbezahlung erklären, bleiben etwa acht Prozent Gehaltsunterschied, die sich nicht erklären lassen. Hier liegt schlicht Diskriminierung vor.

Viele Frauen haben Hinweise, dass sie benachteiligt werden, bisher aber keine Handhabe, dagegen vorzugehen. Wer nicht wisse, was Kollegen verdienen, könne auch nicht auf Gerechtigkeit bestehen, sagte die Familienministerin. Übers Gehalt spricht man nicht unter Kollegen, viele Arbeitsverträge verbieten es sogar. Das soll sich nun ändern. "Das Gesetz sieht einen Kulturwandel vor, weg von der Tabuisierung des Gehalts, hin zu mehr Transparenz", so Schwesig. In Betrieben ab 500 Mitarbeitern können Frauen nach dem Gesetzesentwurf vom Arbeitgeber Auskunft verlangen, was fünf Männer in vergleichbarer Position verdienen. Auch Männer können ihr Gehalt vergleichen, aber nur mit dem von Frauen. Der Arbeitgeber muss dann darlegen, nach welchen Kriterien Mitarbeiter eingestuft werden. Stellt sich heraus, dass er jemanden benachteiligt, muss er Abhilfe schaffen und das Gehalt erhöhen. In der Praxis dürfte es spätestens hier schwierig werden. Viele Vorgesetzte werden argumentieren, die geleistete Arbeit der Frau sei nicht gleichwertig. Anders als bisher, muss dann aber der Arbeitgeber belegen, dass er fair bezahlt. Die Beweislast kehrt sich also um. Kommt es nicht zur Einigung, wird die Personalvertretung eingeschaltet, um eine Lösung zu finden. Klappt das nicht, sieht das Gesetz keine Sanktionen vor. Die Beschäftigte kann klagen, hat jetzt allerdings sehr viel bessere Chancen als früher, da das Gehaltsgefälle belegt ist. Der Nachweis gleichwertiger Arbeit werde nicht immer einfach, räumte Schwesig ein "Dieses Problem kann man nicht wegdiskutieren." Wichtig sei aber, dass Unternehmen erstmals gezwungen würden, überhaupt Kriterien für Lohngerechtigkeit zu entwickeln.

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