Geschichten aus Griechenland:Ausgebremst

Die Familie Georgiadis-Krehmeier hat die Rechnung ohne die Krise gemacht und investierte in ein Taxi. Das galt in Griechenland lange als sichere Altersvorsorge. Doch die Zeiten sind vorbei.

Bastian Brinkmann

Die SZ hat mir ihren Lesern über Facebook, Twitter und Google Plus Menschen gesucht, die in Griechenland leben. Wir haben mit ihnen telefoniert, gesprochen, ihnen zugehört. Und alles aufgeschrieben. Jetzt erzählen wir ihre Geschichten.

Geschichten aus Griechenland

Das Taxi der Familie Georgiadis-Krehmeier war eigentlich als Altersvorsorge gedacht.

(Foto: Privat)

Taxis sind in Griechenland rollende Tresore. Hier haben viele ihre Altersvorsorge gebunkert und in Blech gegossen. Wer eine Taxi-Lizenz besaß, hatte eine gute Vermögensanlage und eine sichere Einnahmequelle. Doch viele haben die Rechnung ohne die Krise gemacht.

Die Taxi-Lizenzen sind nun viel weniger wert, seit die Regierung das Gewerbe reformiert. Die Taxi-Branche gehörte zu den geschlossenen Berufen, Lizenzen wurden abhängig von der Einwohnerzahl vergeben - und oft von der Verwaltung an politische Günstlinge, erzählt man in Griechenland.

Ein Athener Auto gehört Familie Georgiadis-Krehmeier. "Früher fuhren alle Taxi, Arm und Reich. Jetzt sammeln sich die Autos an Plätzen, um Benzin zu sparen", erzählt Juliane Krehmeier, Psychotherapeutin und Mutter zweier Kinder. Sie und ihr Mann Aristidis Georgiadis, der das Taxi verwaltet, sind 2006 von Deutschland nach Griechenland gezogen und wohnen jetzt auf einer Insel vor Athen.

Was ist aus der Taxi-Lizenz der Familie Georgiadis-Krehmeier geworden? Für diese Frage genügt ein Blick auf sechs Zahlen im Haushaltsbuch:

[] Summe, die die Eheleute im Sommer 2006 in eine Taxi-Lizenz als Altersvorsorge investiert haben: 180.000 Euro.

[] Dazu kamen noch die Kosten für den Jahreswagen, Verträge und Ausstattungen: 30.000 Euro.

[] Ein Kredit, der aufgenommen wurde, um zusammen mit Ersparnissen das Taxi und die Lizenz zu kaufen: 130.000 Euro.

[] Wert der Taxi-Lizenz, seitdem der Markt in der Krise liberalisiert wurde: 60.000 Euro.

[] Brutto-Gewinn, den ein Taxi vor der Krise im Monat abgeworfen hat (Steuern, Versicherungen, Instandhaltungskosten nicht mit eingerechnet): 2000 bis 2500 Euro.

[] Brutto-Einnahmen, die das Taxi aktuell im Monat bringt: 800 bis 1000 Euro.

[] Monatliche Rate für den Kredit, der 20 Jahre lang läuft und das Taxi finanziert: 850 Euro.

"Wir sind normaler Mittelstand, der sich versucht, etwas aufzubauen", sagt Krehmeier. Früher konnten sie den Wagen an zwei Fahrer vermieten, heute kommt nur noch ein Student, der sich etwas dazuverdient. Er fährt Zwölf-Stunden-Schichten, sieben Tage die Woche. An schlechten Tagen bleiben ihm nur zehn Euro übrig.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: