Gescheiterte Korruptionsbekämpfer:Zurück ins Amt

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Wenig Glück in der Privatwirtschaft: Die Staatsanwälte Noa und Schaupensteiner wollten sich bei Siemens beziehungsweise der Bahn beweisen. Dass beide scheiterten, ist kein Zufall.

Hans Leyendecker

Die Not war groß. Der Weltkonzern Siemens steckte im größten deutschen Schmiergeldskandal und brauchte dringend jemand, der über die Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und Regeln wacht. Das Unternehmen setzte den Stuttgarter Oberstaatsanwalt Daniel Noa an die Spitze der zuständigen Compliance-Abteilung. Das Experiment scheiterte. Noa gab nach einem halben Jahr im Sommer 2007 auf.

Wolfgang Schaupensteiner (links) und Daniel Noa: Zwei Staatsanwälte, die in der Privatwirtschaft gescheitert sind. (Foto: Fotos: dpa, ddp)

Bei der Bahn gab es keine solche Not, als der Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner im Juli 2007 den Bereich Compliance übernahm.

Das Staatsunternehmen schmückte sich mit dem bundesweit bekanntesten Korruptionsjäger und der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn war über den Seitenwechsel des Strafverfolgers sichtlich stolz. Und Schaupensteiner schwärmte über den direkten Draht zu Mehdorn. Alles Vergangenheit - ebenso wie viele Manager muss der wohl berühmteste deutsche Strafverfolger die Bahn verlassen.

Unterschiedliche Temperamente

Die Fälle der beiden Beamten, die ihr berufliches Glück in der Wirtschaft suchten und dann scheiterten, sind sehr verschieden. Die ehemaligen Compliance-Chefs haben unterschiedliche Temperamente, unterschiedliche Begabungen und auch ihre Lebenswege verliefen unterschiedlich. Und dennoch gibt es im Scheitern auch Gemeinsamkeiten.

Jede Einrichtung hat ihren eigenen Geruch, ihr eigenes Milieu. Die Kultur in der Wirtschaft und die Kultur der Behördenapparate passen oft nicht zusammen und bleiben sich fremd. Das Ende der Privatfahrt von Noa und Schaupensteiner zeigt zumindest, dass solche Wechsel zu einem Abenteuer für alle Beteiligten werden können.

In anderen Ländern - wie den USA beispielsweise - sind solche Veränderungen normal. Wer es in den Apparaten zu etwas gebracht hat, kommt auch in der Privatwirtschaft voran und beginnt sogar zumeist ziemlich weit oben.

Noa hatte bei Siemens gleich gefremdelt. Seine Englisch-Kenntnisse waren begrenzt und seine Strukturpläne konnte er nicht durchsetzen. Sein Engagement war - von beiden Seiten aus betrachtet - ein Missverständnis.

Schaupensteiner erfuhr früh, dass es in der angeblich so freien Wirtschaft viele Flure mit vielen wichtigen Entscheidungsträgern gibt und dass die Abstimmungsprobleme gewaltig sind.

Nahkämpfe

Er hielt wenig vom Chef der Revision bei der Bahn und machte das auch sehr früh deutlich. Auch sonst verwickelte er sich zeitig in Nahkämpfe. Er verdiente schätzungsweise fünfmal mehr als bei der Staatsanwaltschaft und war doch nur einer der vielen Bereichsleiter. Compliance war zudem nicht die Herzensangelegenheit des Chefs, der ihn geholt hatte.

Als die Datenaffäre begann, unterschätzte Schaupensteiner die Folgen. Das Krisenmanagement war miserabel und er trat sehr forsch auf. Unvergessen ist Schaupensteiners Auftritt vor dem Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 28. Januar dieses Jahres, als er Zwischenrufer abbürstete, die angeblich seinen Werdegang nicht kannten.

Der Vorsitzende des Ausschusses belehrte ihn, dass er weder Aussagen noch Wortwahl der Abgeordneten "zensieren" dürfe. Ganz nebenbei ließ er die Parlamentarier wissen, dass es bei der Bahn eine Rasterfahndung mit über 173.000 Mitarbeitern gegeben habe, die aber ganz harmlos gewesen sei.

Hohn und Spott

Aus Sicht des Korruptionsbekämpfers war das Screening der Daten notwendig und nachvollziehbar - bei der Bahn war nach diesen Ausführungen landunter. "Sind Sie eigentlich weisungsgebunden", hatten ihn die Abgeordneten gefragt. "Natürlich besteht in einem Konzern eine Hierarchie", hatte Schaupensteiner geantwortet. "Ich bin ja nicht unabhängig.

Das war ich ja nicht einmal als Staatsanwalt." Die Rückkehr in den Behördenalltag wird für Schaupensteiner nicht einfach werden. Rückkehrern sind Hohn und Spott der Nesthocker sicher. Ein Trost bleibt: Weder Noa noch Schaupensteiner müssen am Ende auf ihre Pensionsansprüche verzichten.

© SZ vom 15.05.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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