German Pellets:German Pellets steckt in finanziellen Schwierigkeiten

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In Mehrparteienhäusern mit Mindestwärmeschutz sind Pelletkessel die günstigste Lösung. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Wieder droht ein großes Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien abzurutschen. Kleinanleger könnten viel Geld verlieren.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg/Wismar

Es war ein im wahrsten Sinn des Wortes ziemlich frostiger Empfang, den Volker Böhm da erlebte. Gleich nach seiner Bestellung als vorläufiger Insolvenzverwalter durch das Nürnberger Amtsgericht vor zwei Wochen war Böhm nach Postbauer-Heng gefahren, in die Zentrale der Kago Wärmesysteme GmbH. Worüber er sich dort dem Vernehmen nach als erstes wunderte, war die Eiseskälte in den Büros und Werkshallen. Frierende Mitarbeiter klärten ihn auf: Es ist kein Geld da für Heizmaterial. Und zwar schon länger nicht mehr. Kurzerhand ließ Böhm elektrische Heizlüfter aufstellen.

Der Ofen ist also in jeder Hinsicht aus, beim einstmals größten und bekanntesten deutschen Ofenbauer Kago. Bis vor ein paar Jahren warb das Unternehmen aus der Oberpfalz auf jeder Autobahnraststätte für sich. Der damalige Inhaber machte Schlagzeilen als einer der exzentrischsten Unternehmer Deutschlands, mit Privatschloss und Privatzoo, aber auch mit Eskapaden und Verurteilungen wegen Schwarzarbeit und Kriegswaffen im Schlafzimmer. Anfang 2010 stellte die Firma Kago Insolvenzantrag. Kurz darauf wurde sie von German Pellets übernommen, angeblich europa-, wenn nicht sogar weltweit größter Hersteller und Händler von Holzpellets mit Sitz in Wismar. Knapp sechs Jahre später ist Kago erneut pleite, und auch mit German Pellets steht es nicht zum Besten.

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Zigtausenden Kleinanlegern droht der Verlust ihres Geldes

Nach dem Sonnenkraftwerksbauer Solar Millennium und dem Windrad-Hersteller Prokon droht mit German Pellets ein weiteres großes Unternehmen aus der Branche der Erneuerbaren Energien unter fragwürdigen Umständen abzurutschen. Und abermals droht zigtausenden Kleinanlegern der Verlust ihres Geldes. Es geht um einen dreistelligen Millionenbetrag. Die Kago-Pleite könnte nur der Vorbote gewesen sein für Schlimmeres.

Wobei Kago zuletzt formal nicht mehr zur German-Pellets-Gruppe zählte, die sie 2010 übernommen hatte. Wohl aber gehören beide Unternehmen ein und demselben Eigentümer: Peter Leibold. 2005 hat er German Pellets gegründet. Die Firma gehört ihm und seiner Frau Anna. Kago hat Leibold kurz nach der Übernahme von German Pellets abgetrennt und eigenständig weitergeführt.

Gerne würde man Leibold nach den Gründen dafür fragen. Genauso wie nach der aktuellen Situation von German Pellets. Das sei nicht möglich, sagt eine Firmensprecherin, und auch sonst gebe man derzeit keine Stellungnahmen ab. Dabei gäbe es einiges zu erklären. Ende Januar schlug German Pellets den Zeichnern einer Anleihe Änderungen vor, die als Alarmsignal gewertet wurden und zu einem massiven Absturz auch anderer German Pellets Anleihen führten. Sie treiben die Spekulationen über eine wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens an, das für 2014 einen Umsatz von 594 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 7,9 Millionen Euro auswies, 18 Produktionsstandorte und insgesamt 650 Mitarbeiter umfasst.

Nun will German Pellets aber den Fälligkeitstermin 1. April 2016 für die Rückzahlung der Anleihe über 52 Millionen Euro um zwei Jahre nach hinten verschieben. Und statt der versprochenen 7,25 Prozent Zinsen soll es lediglich 5,25 Prozent geben. Kurzfristig wurde für 10. Februar eine Gläubigerversammlung einberufen.

Hintergrund sei eine geplante umfassende Refinanzierung der Firma, ließ German Pellets Gläubiger wissen. Man führe darüber seit mehr als zwölf Monaten intensive Gespräche, doch sei die Lage an Finanz- und Rohstoffmärkten so schwierig, dass diese "noch nicht finalisiert" hätten werden können. Die Wirtschaftswoche berichtet hingegen, die aktuellen Probleme könnten mit Geschäften in den USA zusammenhängen, wo German Pellets zwei Werke mit dem Geld deutscher Anleger finanziert haben soll.

All die Hiobsbotschaften ließen den Wert von German-Pellets-Anleihen in den vergangenen Tagen in den Keller stürzen, von ehedem 100 auf unter zehn Prozent und damit an die Grenze zur Wertlosigkeit. Insgesamt stehen Anleihen von 238 Millionen Euro auf dem Spiel. Die Agentur Creditreform stufte German-Pellets-Anleihen von BB- auf C ab. Zig Anleihezeichner bangen um ihr Geld; Anlegeranwälte bringen sich schon in Stellung.

Die meisten Mitarbeiter haben seit November keine Löhne bekommen

Die Anleihezeichner sind in der Zwickmühle: Entweder sind sie mit den schlechteren Konditionen einverstanden. Oder sie lehnen ab, dann drohe German Pellets aber womöglich der Konkurs, warnen Anlegerschützer. Die Anleihe zu verkaufen ist angesichts des Wertverfalls auch keine wirklich Option. Parallel zu alledem droht Peter Leibold nun auch noch in Sachen Kago Ungemach. Der vorläufige Insolvenzverwalter Volker Böhm hat den Geschäftsbetrieb eingestellt; der Ofenbauer ist finanziell völlig ausgebrannt, ein aussichtsloser Fall.

Brisant ist, dass die meisten Mitarbeiter bereits seit November keine Löhne mehr erhalten haben. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben das Finanzamt und etwa 20 Gläubiger ebenfalls bereits im November in die Firmenkonten hineinpfänden lassen.

Für Lieferanten fehlte damals bereits das Geld. Insider hegen den Verdacht, dass Kago vielleicht bereits im November zahlungsunfähig war. Womöglich handelt es sich also um einen Fall von Insolvenzverschleppung. Dann drohen strafrechtliche Konsequenzen. Weder Böhm noch Leibold äußerten sich dazu. Die Nürnberger Staatsanwaltschaft hat routinemäßig ein Insolvenzüberwachungsverfahren eingeleitet. Auch liegen Strafanzeigen vor, die aber noch nicht geprüft seien, so eine Sprecherin. Viel wird davon abhängen, zu welchen Schlüssen Volker Böhm kommt, wenn er dem Insolvenzgericht demnächst sein Gutachten vorlegt.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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