German Pellets:Grün verliert

Feature Energiegipfel

Viele Menschen wollen ihr Geld in ein Unternehmen investieren, das vermeintlich gutes tut - etwa Photovoltaik-Anlagen herstellt.

(Foto: Sean Gallup/Getty)

Immer wieder müssen Anleger mit "Öko-Investments" um ihr Geld bangen, weil Firmen von der Pleite bedroht sind. Wie man sich schützen kann.

Von Heinz-Roger Dohms

Die Altstadt von Wismar gehört mit gutem Grund zum Weltkulturerbe. Auf engstem Raum drängeln sich hier das klassizistische Rathaus, die wunderschöne Marienkirche und alte gotische Bürgerhäuser wie der im 14. Jahrhundert errichtete "Alte Schwede". Inmitten dieser historischen Szenerie hätte heute Vormittag eigentlich die Gläubigerversammlung der ortsansässigen Krisenfirma German Pellets stattfinden sollen - im Steigenberger Hotel, gelegen direkt am Marktplatz der alten Hansestadt.

Doch dann kam kurzfristig die Absage. Für die betroffenen Kleinanleger ist das der nächste schwere Schlag.

Auf den ersten Blick ist der Holzverarbeiter schlicht eine Firma, die zu viele Schulden gemacht hat und der allem Anschein nach die Insolvenz droht. Anfang April wird die erste gleich mehrerer Anleihen fällig - zur Rückzahlung fehlt offenbar das Geld. Darum sollen sich die Gläubiger bei der heutigen Veranstaltung auf eine Art Schuldenschnitt einlassen. Wie ernst die Lage ist, zeigt sich nicht nur an der Absage der Gläubigerversammlung - sondern auch daran, dass die Anleihen an der Börse zuletzt nur noch zu etwa einem Zehntel ihres ursprünglichen Werts gehandelt wurden. Alles in allem stehen etwa 250 Millionen Euro im Feuer.

Die eigentliche Bedeutung des German-Pellets-Desasters geht gleichwohl tiefer. Denn vielen Kleinanlegern wurden die Anleihen offensichtlich als "Öko-Papiere" untergejubelt. So hieß es im Werbefilm des Unternehmens wörtlich: "German Pellets ist ein Unternehmen, das wie ganz wenige andere Ökologie und Ökonomie miteinander verbindet." Damit reiht sich der Holzverarbeiter in eine Vielzahl von Fällen, bei denen deutsche Anleger in den vergangenen Jahren mit vermeintlich grünen Anlagen viel Geld verloren. Die Liste reicht von der Windkraftfirma Prokon bis zum Ökopionier Solarworld, von BKN Biostrom bis zu Solarwatt, von Windreich bis zu Solar Millenium. Besonders dramatisch ist die Lage bei den sogenannten Mittelstandsanleihen, zu denen auch German Pellets gezählt wird. Hier dürfte mehr als die Hälfte sämtlicher Verluste auf grüne Investments entfallen.

Wie kann das sein? Wie können sich Anleger schützen? Dass vor allem private Investoren immer wieder in die Öko-Falle tappen, hat teilweise psychologische Gründe. So appellierten Unternehmen wie Prokon auf Verkaufsveranstaltungen ganz bewusst an das ökologische Gewissen der Besucher. Gepaart mit exorbitant hohen Zinsversprechen "ergab sich das Gefühl, man könne mit gutem Gewissen sehr gute Rendite machen", sagt der Hamburger Vermögensverwalter Christian Gritzka. "Das verfängt vor allem bei Kleinanlegern. Die gesunde Skepsis wird dann ausgeblendet." Das sei allerdings noch nicht alles, ergänzt der Frankfurter Honorarberater Stefan Schießer. "Denn selbst wenn man die Sache rational angeht, ist grüne Geldanlage ungeheuer schwierig."

Die wichtigste Regel für Kleinanleger lautet, möglichst diversifiziert und langfristig zu investieren. Beides ist auf ökologischem Wege allerdings kaum möglich. Denn wirklich grüne Großunternehmen wie den Windkraftkonzern Vestas gibt es bislang erst wenige. Welche der jungen Ökofirmen sich auf lange Sicht durchsetzen wird, ist selbst für Experten kaum vorhersagen. Wer trotzdem breit gestreut in vermeintlich grüne Produkte investieren will, muss daher auf die "Best in Class"-Methode ausweichen. Nach diesem Ansatz ist ein Unternehmen schon dann ökologisch, wenn es nachhaltiger wirtschaftet als die direkte Konkurrenz. Die Folge: Anleger müssen sich die Produkte entweder sehr genau ansehen - oder auf böse Überraschungen gefasst sein. In einigen Nachhaltigkeitsfonds fand sich zum Beispiel der japanische AKW-Betreiber Tepco, wie sich nach der Fukushima-Katastrophe herausstellte.

Wie schwer es für Kleinanleger ist, geeignete grüne Produkte zu finden, ergeben auch regelmäßig die Untersuchungen von Stiftung Warentest. Vor zwei Jahren zum Beispiel nahmen die Verbraucherschützer zwei Dutzend geschlossene Ökofonds unter die Lupe. Das Ergebnis: Selbst das beste Produkt schnitt gerade mal mit "ausreichend" ab. Als einen Grund nannten die Verbraucherschützer überzogene Renditeversprechen. Nur unwesentlich besser war das Ergebnis, als sich die Tester einige Monate später Dutzende offene Investmentfonds mit Nachhaltigkeitsversprechen vorknöpften: Nur eines von 46 Produkten erfüllte sämtliche Kriterien der Prüfer. Der siegreiche Fonds stammte übrigens vom Anbieter Ökoworld, der bei ähnlichen Erhebungen vergleichsweise gut abschneidet. Bloß: Diese Qualität lässt sich Ökoworld durch hohe Gebühren bezahlen, was dann wiederum Rendite kostet. Honorarberater Schießer sagt: "Eine vernünftige Anlagestrategie versucht immer den optimalen Mix aus Sicherheit und Rentabilität zu finden - mit einem ausschließlich ökologischen Portfolio kriegt man das aber nicht hin. Wer grün investieren will, muss darum bereit sein, Kompromisse einzugehen - unter Umständen auch bei der Rendite."

Im Extremfall bedeutet dies, als konservativer Anleger schlicht ein Tagesgeldkonto bei einem alternativ ausgerichteten Geldinstitut wie der GLS Bank zu eröffnen. Dank des Einlagenschutzes liegt das Geld dort sicher. Die Bank gibt den Kunden die Garantie, das Geld ausschließlich ethisch anzulegen. Der Nachteil: Momentan liegt der Zinssatz bei 0,0 Prozent. Wobei selbst das natürlich viel besser ist, als dieser Tage bangen Blickes nach Wismar zu blicken.

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