Gerichtsurteil:Staat darf defizitäre Kliniken weiter unterstützen

Legale Subvention: Städte und Kreise dürfen weiterhin Krankenhäuser in Schwierigkeiten finanziell unterstützen, obwohl die private Konkurrenz dagegen klagt. Zumindest vorerst.

Städte und Kreise dürfen Krankenhäusern in finanziellen Schwierigkeiten weiter mit Zuschüssen helfen. Das Landgericht Tübingen hatte in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung keine Einwände gegen diese bundesweit bei Hunderten Kliniken üblichen Subventionen. Damit ist eine Musterklage der privaten Klinikbetreiber in erster Instanz gescheitert.

Hätten die Richter anders entschieden, hätte das nach Einschätzung von Experten weitreichende Folgen für die Krankenhausfinanzierung in Deutschland gehabt. Es gilt aber als sicher, dass der Fall wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung erst vom Bundesgerichtshof endgültig entschieden wird. Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) klagt in dem Musterverfahren gegen den Kreis Calw. Es ist weit verbreitete Praxis, dass Kommunen ihren Krankenhäusern bei Verlusten Zuschüsse aus Steuergeldern überweisen.

Die privaten Kliniken, die ohne solche Hilfen auskommen müssen, sehen sich dadurch benachteiligt. Sie pochen auf die strengen EU-Wettbewerbsregeln. Doch die 5. Zivilkammer in Tübingen sah in den Subventionen keinen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht. Kommunale Krankenhäuser seien ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, heißt es in dem Urteil. Der Kreis sei zum Wohle seiner Bürger verpflichtet, die Kliniken zu betreiben.

Der gesetzliche Auftrag der Krankenhäuser

Während sich ein privater Betreiber von einem unrentablen Krankenhaus trennen könne, habe der Kreis diese Möglichkeit nicht. Dadurch würden die kommunalen Kliniken zu einer besonderen Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge und müssten laut EU-Recht nicht den Kräften des freien Marktes überlassen werden.

Der Interessenverband Kommunaler Krankenhäuser (IVKK) begrüßte das Urteil. "Krankenhäuser sind keine gewöhnlichen Wirtschaftsunternehmen. Sie erfüllen einen Auftrag, der ihnen gesetzlich auferlegt ist", sagte Verbandschef Bernhard Ziegler. Der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU), der in dem Musterprozess die Interessen von Hunderten Kliniken in Deutschland vertritt, sagte, die Privatkliniken seien "auf der ganzen Linie gescheitert, die deutsche Krankenhausfinanzierung aus den Angeln zu heben".

Der unterlegene Verband der Privatkliniken zeigte sich enttäuscht. "Wir halten an unserer Rechtsauffassung fest und sehen in den Subventionen rechtswidrige Beihilfen, die den Wettbewerb verzerren", sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz. Ob der Verband weitere rechtliche Schritte einleiten wird, wollte er noch nicht sagen. Der Vorsitzende Richter in dem Tübinger Prozess hatte allerdings gesagt, aus den Schriftsätzen gehe hervor, dass den Privatkliniken an einem grundsätzlichen Urteil in höchster Instanz gelegen sei.

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