Geplantes Alkoholverbot:König an Bord

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Enthemmt? Eine Zugbegleiterin serviert Bier in einem ICE. (Foto: imago)

Wlan gibt es jetzt, aber auch neues Ungemach für Passagiere der Deutschen Bahn: Die Gewerkschaft GDL plädiert für ein Verkaufsverbot von Alkohol.

Von Caspar Busse

Im Großraumwagen des ICE von Stuttgart nach München taucht ein junger Mann auf, er trägt einen roten Kapuzenpulli, auf dem steht in weißer Schrift "WLAN-Buddy", links oben ist das Zeichen der Deutschen Bahn zu erkennen. "Kann ich Ihnen helfen, ins Internet zu kommen", fragt er betont freundlich jeden Fahrgast. Die meisten sind schon drin, oder haben kein Interesse. Der Passagier ist König, ist die Botschaft. Immerhin: Das Wlan im ICE funktioniert inzwischen auf vielen Strecken gut, und es ist auch noch kostenlos.

Doch jetzt droht neues Ungemach. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bringt ein Alkoholverbot in den Bordrestaurants ins Gespräch. Kein entspanntes Bier mehr also nach einem anstrengenden Arbeitstag auf der abendlichen Bahnfahrt nach Hause? "Alle wissen, dass Alkohol enthemmt", sagte GDL-Chef Claus Weselsky der Heilbronner Stimme: "Wir müssen den Alkoholausschank auf den Prüfstand stellen aus Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiter." Hintergrund ist, dass sich immer mehr Zugbegleiter bedroht fühlen. Nach einer Umfrage sei jeder Vierte schon mal körperlich angegriffen worden. Oft sei dabei Alkohol im Spiel.

Weselsky ist für ein generelles Verbot, da die Mitarbeiter in den Bordbistros nicht von Fall zu Fall entscheiden könnten, wer noch ein Bier bekommen kann und wer besser nicht. Zum Beispiel nach Fußballspielen gibt es öfters Ärger mit angetrunkenen Passagieren. Weselsky sagt: "Der Dienstleistungsgedanke, der den Kunden als König betrachtet, hat leider zu nachlassendem Respekt geführt. Früher waren die Zugbegleiter noch Beamte mit Vollzugsrechten." Ach, die gute alte Zeit.

In den Fernzügen der Deutschen Bahn ist bislang das Trinken von Alkohol erlaubt (ganz im Gegensatz zum Rauchen). Passagiere dürfen mitgebrachte alkoholische Getränke konsumieren oder können sie im Bordbistro oder -restaurant kaufen (0,3 Liter Bitburger Pils: 3 Euro, 0,25 Liter Sauvignon Blanc aus der Pfalz: 7,40 Euro). Für Regionalzüge gelten verschiedene Regelungen, manche private Anbieter verbieten Alkohol.

Auch einige Großstädte haben in S-Bahnen, U-Bahnen, Bussen und Straßenbahnen das Trinken von Alkohol verboten. In München gilt außerdem seit einigen Wochen Nachts ein Alkoholverbot in und um den Hauptbahnhof.

"Derzeit gibt es keine Pläne, in unseren Fernverkehrszügen ein generelles Alkoholkonsumverbot einzuführen", teilte die Bahn am Sonntag mit. Bahnkunden sind also vorerst noch Könige - mit Internet und Bier.

© SZ vom 27.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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