George Soros:Moscow, Idaho statt Moskau, Russland

Er folgt dem Ruf der Heimat und überlässt Russland von nun an sich selbst. 15 Jahre präsentierte sich George Soros als Finanzier des "Open Society Institute" äußerst spendabel. Nun zieht er sich als Geldgeber russischer Künstler und Wissenschaftler zurück.

Sonja Zekri

(SZ vom 12.06.2003) — Er hat den Universitäten in Sibirien Internetanschlüsse geschenkt und den Junkies in Moskau saubere Spritzen. Hat eine unabhängige Presse, Bibliotheken und Museen gefördert. Zehntausende Studenten, Künstler und Wissenschaftler haben die intellektuellenfeindlichen Post-Perestroika- Jahre nur am Tropf seiner Stiftung überlebt.

Doch nun, nach 15 Jahren und einer Milliarde Dollar, zieht sich George Soros aus Russland zurück. Fortan, so kündigte er in Moskau an, werde er die Unterstützung für das "Open Society Institute", vulgo: die Soros-Stiftung, drastisch verringern. Deren 15 russische Organisationen müssen nun selbst Gelder einwerben.

Überraschend war dabei weniger das abrupte Ende der Freigebigkeit als dessen Begründung: Der Staat in Russland, so der "Pate des Wandels" ( Washington Post), sei nun stabil genug und brauche seine, Soros' , Hilfe nicht mehr.

Blick Richtung USA

Er wolle sich deshalb den Vereinigten Staaten zuwenden, wo der aktuelle "Kampf um eine offene Gesellschaft" ausgetragen werde. Demokratie und Bürgerrechte sind nach Soros also heute in Moscow, Idaho, stärker gefährdet als in Moskau, Russland, was man durchaus als Versuch begreifen könnte, die eigenen Finanznöte durch ein nettes Kompliment an die Russen zu überspielen.

Denn deren Verhältnis zu ihrem Wohltäter war immer ein wenig gespannt, wobei natürlich die Kritiker des Spekulanten Soros, der im Dezember 2002 in Paris wegen Insider-Geschäften verurteilt wurde, auch außerhalb Russlands nicht schwer zu finden sind.

Zum Abschied also ließ die Iswestija die bekanntesten russischen Soros-Schmähungen noch einmal Revue passieren — den "US-Spion", den "gebildeten Lobbyisten" oder den "Räuber russischen Geistes", der Forscher an US-Unis lockte —, forderte dann jedoch: "Wir müssen lernen, dankbar zu sein. Für alles, was er für uns getan hat."

Das Verhältnis Russlands zum Westen ist nicht dasselbe wie damals, als der ungarischsstämmige Dzjchdzhe Shorash die ersten Faxgeräte spendierte. Heute sind sich Russland und der Westen einander nah, so nah, dass russische Intellektuelle fürchten, dies sei der wahre Grund für Soros' Rückzug.

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