General Motors: Die Folgen:Eine deutliche Zäsur

Bei GM wird bald nichts mehr so sein, wie es war. Ob Arbeiter, Rentner, Gläubiger, Manager, Händler, Zulieferer oder Kunden - die Insolvenz fordert Opfer von allen Beteiligten. Die Folgen im Überblick.

Moritz Koch und Harald Schwarz

"Geteiltes Leid" lautet das Prinzip, auf dem Präsident Barack Obama bei der Sanierung von General Motors beharrt. Nach der mehrheitlichen Übernahme durch den Staat wird bei GM nichts mehr so sein, wie es war. Für Arbeiter, Rentner, Gläubiger, Manager, Händler, Zulieferer und Kunden bedeutet die Insolvenz eine deutliche Zäsur:

General Motors: Die Folgen: GM wird sein Händlernetz ausdünnen: Fast die Hälfte der Niederlassungen soll geschlossen werden.

GM wird sein Händlernetz ausdünnen: Fast die Hälfte der Niederlassungen soll geschlossen werden.

(Foto: Foto: Reuters)

Beschäftigte: Etwa ein Dutzend Fabriken sollen in den USA geschlossen werden. 21.000 Arbeiter werden ihre Jobs verlieren. Die Übriggebliebenen müssen Kürzungen hinnehmen, etwa beim Einstiegsgehalt und der Bezahlung von Überstunden. Die Arbeiter sollen Anteilseigner werden, aber sich nach dem Willen Washingtons nicht ins Tagesgeschäft einmischen. Sie dürfen ein Mitglied des Verwaltungsrats stellen, der GM führt.

Gläubiger: Kreditinstitute wie JP Morgan Chase, Citigroup und Credit Suisse waren die einzigen Gläubiger, die über gesicherte Ansprüche verfügten - und sollen ihre Darlehen von sechs Milliarden Dollar in vollem Umfang zurückbekommen. Der weitaus größere Teil der GM-Gläubiger sind Investoren, die Unternehmensanleihen gekauft haben, darunter Hedgefonds, Vermögensverwalter und auch Privatanleger. Jenen von ihnen, die das letzte Umschuldungsangebot der Regierung angenommen haben, hat Washington eine Beteiligung von insgesamt zehn Prozent am sanierten Konzern versprochen, dazu Optionsscheine, mit denen sie weitere 15 Prozent kaufen können. Jene aber, die das Kompromissangebot ausgeschlagen haben, will die Regierung abstrafen. Sie hat angekündigt, vor dem Insolvenzgericht dafür zu kämpfen, dass die renitenten Gläubiger deutlich weniger bekommen als die kooperativen.

Manager: Konzernchef Fritz Henderson soll im Amt bleiben, muss sich aber mit neuen Mehrheitseignern arrangieren. Die Regierungen von Amerika und Kanada wollen fast drei Viertel des sanierten GM-Konzerns übernehmen. Zwar versichert Washington, sich nicht ins operative Geschäft einmischen zu wollen. Doch der Kongress könnte Druck auf die Administration ausüben, die Firma in eine politisch opportune Richtung zu lenken. Daher will das Weiße Haus GM schnell reprivatisieren, möglichst schon nach einem halben Jahr.

Händler: GM wird sein Händlernetz ausdünnen. Derzeit gibt es 6000 GM-Niederlassungen in den USA. 2600 sollen geschlossen werden. Für viele Gemeinden ist das ein harter Schlag, denn im Sozialgefüge der amerikanischen Provinz spielen die Autohändler eine wichtige Rolle.

Zulieferer: Die mit Absatzproblemen kämpfenden Lieferanten müssen sich jetzt auch auf Forderungsausfälle einstellen. Große GM-Zulieferer aus Deutschland sind Continental und ZF Friedrichshafen. Beide betonen aber, sie hätten noch wichtigere Teile-Abnehmer als GM. Kleinere Lieferanten, befürchten Fachleute, könnten hingegen von GM mit in den Abgrund gezogen werden.

Kunden: Sie haben erst einmal nichts zu befürchten. Die Regierung hat zugesichert, für Garantien auf GM-Autos einzustehen. Vielleicht profitieren Autoliebhaber sogar von dem Bankrott. Viele Amerikaner empfinden die Insolvenz als gerechte Strafe für schlechte Qualität. Nun bestehe Hoffnung, dass der Konzern wieder bessere Autos baue. Bisher sah sich GM gezwungen, bei der Ausstattung zu sparen, um im Wettbewerb mit asiatischen und europäischen Konkurrenten die weit höheren Sozialkosten und Zinszahlungen auszugleichen. Nach einer gelungenen Sanierung wäre GM einen Großteil dieser Lasten los.

Rentner: Schon nach 30 Jahren Arbeit durften GM-Arbeiter in Rente gehen. Sie konnten einen langen Ruhestand genießen, bestens versorgt mit einer Gesundheitsversicherung auf Konzernkosten. Sieben Milliarden Dollar musste GM jedes Jahr für seine 400.000 Pensionäre auftreiben. Diese Last wird erheblich schrumpfen. Vor allem bei den Gesundheitsplänen wird gespart. Die Autogewerkschaft UAW verwaltet einen Fonds, aus dem die Krankenversicherung der Betriebsrentner bezahlt wird. 20 Milliarden Dollar in bar schuldet GM der UAW dafür - Geld, das die Gewerkschaft nie erhalten wird. Vielmehr bekommt die UAW einen 17,5-Prozent-Anteil am sanierten GM-Konzern und über Optionsscheine Zugriff auf weitere 2,5 Prozent und Vorzugsaktien im Wert von 6,5 Milliarden Dollar. Die Vorzüge bringen zudem eine Dividende von neun Prozent. Insgesamt spart GM durch diese Umwandlung von Ansprüchen der ehemals Beschäftigten zehn Milliarden Dollar.

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