Geldwerkstatt:Sind wir quitt

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Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage.

Künftig wird es einfacher, Freunden übers Smartphone Geld zu überweisen - ohne, dass man deren Kontonummer braucht. Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken haben ihre Lösungen aufeinander abgestimmt.

Von Felicitas Wilke

Wenn der Kellner im Restaurant zu sehr im Stress ist, um die Rechnung zu splitten, zahlt eben eine Freundin für alle. Damit sie ihrem Geld nicht zu lange hinterherlaufen muss, wurden Peer-to-Peer-Überweisungen (P2P) erfunden. Damit können sich Freunde Beträge über das Smartphone zuschicken, ohne die Kontodaten des anderen auswendig zu wissen. Alles, was man braucht, ist die Handynummer oder E-Mail-Adresse des Empfängers. Der erhält wenige Momente später eine Benachrichtigung und hat meist einen bis drei Tage danach das Geld auf dem Konto - wie bei einer normalen Überweisung. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist der P2P-Markt in Deutschland bislang zersplittert. Das hat zur Folge, dass nicht jeder jedem einfach Geld schicken kann, weil die Systeme der unterschiedlichen Anbieter nicht kompatibel sind. Doch jetzt tut sich was. Die Angebote der Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken treten bald unter einem Namen auf und können miteinander agieren. Ein Überblick, was das für die Nutzer bedeutet, und welche Anbieter es sonst noch gibt.

Die deutschen Banken

"Kwitt" heißt die P2P-Lösung der Sparkassen, die nach Angaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) rund eine Million Kunden der Institutsgruppe nutzen. Dafür suchen sie in ihrer App die Handynummer des Empfängers in der Kontaktliste aus und geben die gewünschte Summe ein. Bei Beträgen bis 30 Euro müssen die Nutzer keine Transaktions-Nummer (TAN) angeben. Ob das Angebot kostenlos ist, legt jedes Institut selbst fest.

Die Volks- und Raiffeisenbanken bieten ihren Kunden unter dem Namen "Geld senden & anfordern" eine eigene Lösung, die seit Februar mit "Kwitt" kompatibel ist. Seitdem können sich die Kunden der Sparkassen und Genossenschaftsbanken gegenseitig Geld schicken. Von Juni an werden beide Lösungen den gemeinsamen Namen "Kwitt" tragen. "Für den Markt der Peer-to-Peer-Überweisungen ist es ein großer Schritt, dass jetzt 75 Prozent aller Privatkunden in Deutschland eine Anwendung nutzen können", sagt Oliver Hommel, Payment-Experte der Unternehmensberatung Accenture. Die Kunden anderer Banken können über einen Link zwar auch Geld von "Kwitt"-Nutzern empfangen, müssen aber ihre Iban bereithalten.

Geld verschicken können die Kunden von Privatbanken wie der Deutschen Bank, der Commerzbank oder der Hypo-Vereinsbank derzeit bereits mit der kostenlosen Geldsendefunktion von Paydirekt, dem Online-Bezahlverfahren der deutschen Kreditwirtschaft. Das Transaktionslimit beträgt 200 Euro, und wie bei "Kwitt" muss der Empfänger den Dienst nicht nutzen, um an das Geld kommen zu können. Anders als die Sparkassen beteiligen sich die VR-Banken auch an der P2P-Lösung von Paydirekt. Das heißt: Die Genossenschaftskunden haben die Wahl, welche App sie nutzen möchten. Oder die Qual der Wahl. "Aus Kundensicht wäre ein gemeinsames Angebot der deutschen Kreditwirtschaft wünschenswert, über das alle Konten erreicht werden können", sagt Experte Hommel.

Ob es so kommt und die Dienste von Paydirekt und "Kwitt" verschmelzen, ist bislang unklar. Der DSGV und der BVR, der Dachverband der Genossenschaftsbanken, zeigen sich aber "grundsätzlich offen" für Kooperationen. Und der Bundesverband deutscher Banken, in dem die großen Privatbanken organisiert sind, lässt verlauten, es gebe Gespräche über "Kooperationen oder Schaffung von Interoperabilität".

Der enteilte Amerikaner

Die potenziell meisten Nutzer hat der Peer-to-Peer-Überweisungsdienst des US-amerikanischen Bezahlanbieters Paypal. Mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland besitzen dort ein Benutzerkonto, mit dem sie ihre Online-Einkäufe bezahlen können. Alle, die ein solches Konto haben, können der Familie, Freunden oder Bekannten auch Geldbeträge schicken. Innerhalb Europas ist die Funktion bei Euro-Beträgen kostenlos. Besitzt der Empfänger des Betrags bislang keinen Account bei dem Bezahldienst, muss er sich allerdings anders als bei anderen Anbietern erst einen zulegen, um auf das Geld zugreifen zu können. In diesem Fall landet der Betrag dann automatisch auf dem Paypal-Konto und kann von dort aufs eigene Girokonto überwiesen werden.

Um die Händlergebühr zu umgehen, drängen manche Verkäufer auf Kleinanzeigenportalen darauf, die Zahlung mit der Peer-to-Peer-Funktion abzuschließen. Dabei haben die Käufer und Sender des Betrags aber keinen Käuferschutz, wie er sonst bei Paypal gilt.

Die kompatiblen Fintechs

Start-ups wie Lendstar oder Cringle werben damit, unabhängig von den Banken zu funktionieren. Egal, bei welchem Institut zwei Freunde ihr Konto haben, können sie sich über die Apps der Fintechs gegenseitig Geld schicken. Ansonsten funktionieren die Anwendungen ähnlich wie die der Wettbewerber, Kosten entstehen für die Nutzer keine.

Ihre Einnahmen erzielen die Start-ups daher auf anderem Wege: Lendstar zum Beispiel konzipiert eigene P2P-Anwendungen für die Spardabanken, die mit der eigenen App kompatibel sind. Allerdings dürften es Fintechs, die nur auf P2P setzen, am Markt schwer haben, glaubt Experte Hommel - "erst recht, wenn die Banken eine gemeinsame, innovative Lösung auf den Markt bringen".

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