Geldwerkstatt:Schlaues Marketing

Die Leserfrage

Was bringen die neuen ETF-Produkte, die unter dem Namen "Smart Beta" verkauft werden?

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Die Anbieter versprechen mehr Rendite bei weniger Risiko. Aber was bringen die neuen ETF-Produkte wirklich, die unter dem Namen "Smart Beta" so hoch angepriesen werden? Eine Frage von SZ-Leser Stefan Kaisers.

Von Andrea Rexer

"Smart Beta" - das klingt erst einmal richtig gut. Denn Smart heißt auf deutsch ja "schlau". Und natürlich möchte jeder Anleger sein Geld schlau einsetzen. Genau darauf zielt das Marketing der Finanzinstitute ab, die ihre neue Variante von börsengehandelten Fonds verkaufen möchte.

"Wie ETF, nur besser", könnte man die Werbebotschaft für Smart-Beta-Produkte beschreiben. Hinter den angeblich so "schlauen" Geschwistern der ETFs (Exchange-traded fund) verbergen sich Algorithmen, die das klassische Produkt verbessern sollen. Sie zielen darauf ab, mehr Rendite zu erzielen oder weniger Risiko einzugehen. Doch können die Neuerfindungen das Versprechen einlösen?

Da sind Zweifel angebracht - auch wenn die Produkte gerade regelrecht gehyped werden. Sie wachsen rasant: Nach Daten des Analysehauses Morningstar wurden 2012 in Europa lediglich 12 Smart-Beta-Produkte zugelassen, in diesem Jahr wurden schon mehr als 50 neue Produkte registriert. Insgesamt waren per Ende Oktober fast 30 Milliarden Euro in den knapp 200 europäischen Smart-Beta-Produkten investiert. Das sind zwar nur gute sechs Prozent des ETF-Marktes, aber die Weichen stehen auf Wachstum. Deswegen gibt es kaum ein Thema, das in den Augen der Vermögensverwalter, Anlageberater und Fondsmanager so sexy ist wie dieses.

Hinter den Neuerfindungen stecken Rechenmodelle. Beim klassischen ETF wird ein Index, etwa der Dax, in dem die dreißig größten börsennotierten deutschen Unternehmen notiert sind, nachgebildet. Und zwar ganz schnöde und simpel. Bei den neuen Produkten wird der Index zwar noch als Basisgröße herangezogen, aber bestimmte Werte werden stärker gewichtet. Die Auswahl trifft dabei nicht ein Fondsmanager, wie bei den aktiv gemanagten Fonds, sondern eine Maschine. Die beliebteste Form sind Aktienfonds, die dividendenstarke Papiere überbewerten. Das führt dazu, dass manche Branchen ein starkes Gewicht im Portfolio gewinnen. "Da muss der Anleger genau hinschauen", sagt Ali Masarwah, Chefredakteur des Analysehauses Morningstar. Denn auf den ersten Blick sei eine solche Übergewichtung nicht immer sichtbar. Derzeit investieren Dividenden-ETFs stark in Versorgungsunternehmen, das kann sich aber auch schnell wieder ändern.

Und damit ist schon einer der zwei großen Haken angesprochen: Smart-Beta-Produkte sind nicht so leicht zu verstehen wie klassische ETFs. Anleger brauchen mehr Know-How, um mit diesen Produkten umgehen zu können. Transparenz hilft da den meisten jedoch nicht weiter. "Die Algorithmen werden zwar offengelegt, aber sie sind schwer zu durchdringen", sagt Masarwah. Auch den langfristigen Erfolg zu beurteilen ist schwer, weil die Historie der Produkte sehr kurz ist. Zudem sind die Funktionsweisen sehr unterschiedlich: "Manche Strategien funktionieren, andere nicht", so Masarwah.

Der zweite Haken ist: Smart-Beta-Fonds kosten den Anleger etwa zwei bis vier Mal so viel wie klassische ETFs. Und genau das ist der Punkt, der den Anbietern auch so gut gefällt: Mit etwas Technik aufgepeppt, suggerieren die neuen Produkte dem Anleger ein höherwertiges Produkt als beim plumpen ETF. Und das lässt die Kassen klingeln. Ganz schön smart von den Anbietern.

Kluge Anleger jedoch lassen sich davon nicht ins Boxhorn jagen: Bei Beta sollten sie doppelt genau hinsehen, bevor sie zugreifen.

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