Geldwerkstatt:Nur eine Floskel?

Die Frage

Wie wichtig sind Dividenden für die Entscheidung, in Aktien zu investieren?

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"Dividenden sind der neue Zins", heißt es derzeit immer wieder in Gesprächen über Geldanlage. Aber wie wichtig sind Dividenden tatsächlich für die Entscheidung, in Aktien zu investieren? Ist es richtig, so eine Strategie zu fahren?

Von Jan Willmroth

Es ist mal wieder an der Zeit, sich mit einer Floskel zu beschäftigen, die sich in den Markt-Jargon eingeschlichen hat, seitdem es auf klassische Sparprodukte nur noch sehr geringe Zinsen gibt. Und seitdem - wie in der vergangenen Woche - die 30 Konzerne im Deutschen Aktienindex Dax so viel an ihre Anteilseigner ausschütten wie nie zuvor. "Dividenden sind der neue Zins", heißt es immer wieder.

Gemeint ist das so: Eben weil die Zinsen so niedrig sind, müssen Alternativen her. Da könnte die Dividendenrendite Ersatz bieten - das ist die Quote, die sich ergibt, wenn man die jährliche Gewinnbeteiligung für die Aktionäre durch den Marktwert des Unternehmens teilt. Renditen von mehr als vier Prozent sind da keine Seltenheit. Ein beachtlich hoher Wert in dieser Zeit. Dividenden sind der neue Zins?

Nein. Dividenden werden immer etwas anderes bleiben als Zinsen. Und doch sind sie als Kriterium bei der Auswahl von Anlagemöglichkeiten wichtiger geworden. Zumal immer der sogenannte Performance-Dax gemeint ist, wenn man vom Dax spricht: Dabei wird so getan, als würden sämtliche Dividenden der 30 größten deutschen Börsenunternehmen direkt wieder in neue Aktien gesteckt - regelmäßige Gewinnausschüttungen lassen den Index daher umso mehr ansteigen. Lässt man die Dividenden außer Acht, hat der Dax sogar erst Anfang des Jahres den alten Rekord von vor der Finanzkrise gebrochen. Ohne Dividenden hätten Dax-Anleger im vergangenen Jahrzehnt also kaum etwas an ihren Aktien verdient.

Stimmt also, Dividenden sind wichtig. Wenn man akzeptiert, dass es Rendite ohne deutlich mehr Risiko nicht mehr gibt, lohnt sich ein umso genauerer Blick. Dann rücken zuerst jene Unternehmen in den Fokus, die verlässlich ihre Dividenden zahlen.

Eines ist dabei aber wichtig: Auf Dividendenaktien zu setzen ist noch keine Strategie. Genauso wenig ist es sinnvoll, sich nur an aktiv verwalteten Dividenden-Fonds oder aber an Index-Fonds (ETF) zu orientieren, die speziell aus Dividendenaktien zusammengesetzte Indizes nachvollziehen.

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Eine sinnvolle Ergänzung zur eigenen Vermögensbildung können sie aber durchaus sein. Das legen Erkenntnisse aus der Finanzmarktforschung nahe. Zum Beispiel eine Untersuchung zweier US-Vermögensverwalter aus dem Jahr 2003, die Börsendaten aus den USA zurück bis ins 19. Jahrhundert verfolgt haben: Hohe Gewinnausschüttungen in der Vergangenheit sind demnach ein guter Indikator für zukünftiges Gewinnwachstum. In eine ähnliche Richtung weisen Erkenntnisse der US-Finanzmarktforscher Doron Nissim und Amir Ziv, die zuletzt 2001 die umstrittene These stützten, dass Erhöhungen der Dividende ein Hinweis auf höhere Unternehmensgewinne in der Zukunft sind. Weil steigende Gewinne tendenziell mit steigenden Kursen einhergehen, sollte man die Bedeutung von Dividenden somit nicht unterschätzen.

Wer sich mit Dividenden beschäftigt, muss aber auch andere Dinge beachten: Ist die Gewinnbeteiligung eine, die ihren Namen verdient, oder belohnt das Unternehmen seine Aktionäre aus der Substanz? Oft wirkt die Dividendenzahlung phantasielos, wenn es - und das lässt sich bei den meisten Firmen vermuten - anderswo Investitionsbedarf gibt. Außerdem: Interessante Dividendentitel finden sich nicht nur im Dax, sondern auch bei kleineren Unternehmen, sogenannten Nebenwerten. Natürlich nicht nur in Deutschland.

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